„We have no bullets, no technology, no God. But we have Satan and we are his animals. And we are creating hell on earth.“ – Des Teufels Alphatier: Fender
Aus „Cyborg“ mach „Slinger“. Was es dazu braucht? Kaum mehr als einen seiner Vision am Schneidetisch beraubten Regisseur (hier Trash-Ikone Albert Pyun, „Nemesis“) sowie eine von ihm in Umlauf gebrachte alternative Frühfassung. Weil die, von Pyun in schlechter VHS-Qualität bislang via Internet verhökert, im Laufe der Zeit zu einem Mysterium wurde und bei Fans des krausen Endzeit-Actioners Begehrlichkeiten weckte, schlug unlängst die späte Stunde einer offiziellen Veröffentlichung. Für die verantwortlich zeichnet sich Astro-Gründer Oliver Krekel, der die Rechte erwarb und sämtliche Szenen des qualitativ minderwertigen Masters, die auch in der Kinoversion zu finden sind, in die von Pyun präferierte Rohvariante integrierte.
Das führt dazu, dass sich Sequenzen in gewohnter Qualität mit solchen abwechseln, die in Sachen Schärfe, Farbsättigung und Kontrast (trotz digitalisierter Überarbeitung) doch sehr zu wünschen übrig lassen. Immerhin aber lassen sich so die Unterschiede zwischen Pyuns bei Testvorführungen rigoros durchgefallener Wunschfassung und der von Produktionsfirma Cannon mit Hauptdarsteller Jean-Claude Van Damme („Bloodsport“) nachgereichten konventionellen Erdung für eine Kinoauswertung erkennen. Allerdings bleibt festzustellen, dass die von Krekel erstellte Version nicht zu einhundert Prozent dem als Bonus von DVD und Blu-ray beigefügten Director’s Cut entspricht. Wer sich für einen detaillierten Fassungsvergleich interessiert, der ist bei den nimmermüden Kollegen von Schnittberichte.com an der richtigen Adresse.
Die Erwartungen vieler Fans an eine in Sachen Gewalt deutlich erweiterte Version erfüllen sich jedoch nicht. „Slinger“ legt vorrangig Wert auf die Verschärfung der düsteren Atmosphäre. Wer sich also auf mehr Action sowie Szenen einstellt, die den zahlreichen Gerüchten um Zensurkürzungen für den Kino-Cut Recht erteilen, wird zwangsläufig enttäuscht. Neben grundlegenden Änderungen in der Tonalität beschränken sich die Unterschiede zwischen beiden Varianten auf Szenenverlängerungen und (beim Director’s Cut) den Erzählfluss (Richtung Langsamkeit) verändernde Neupositionierungen verschiedener Sequenzen, die der Welt am Abgrund ein stärkeres Profil verleihen sollen.
Wirklich gewinnbringend ist das nicht. Denn „Cyborg“ ist ein krudes B-Movie, das durch Pyuns bemüht epochalen Anstrich in der „Slinger“-Version streckenweise nur mehr alberner wirkt. Der Ansatz ist ehrenwert und nicht uninteressant, das Ergebnis jedoch bisweilen noch unfreiwillig komischer, als es bereits die Kinofassung war. Festmachen lässt sich das bereits an den Off-Kommentaren, bei der verschiedene Protagonisten ihre Sicht auf die zerstörte Welt und das Leben darin absondern dürfen. Besonders doof wird das bei Fender (denkwürdig hölzern: Vincent Klyn, „Bloodchamp“), der die Piraten der postapokalyptischen Zukunft anführt. Die huldigen Satan, um die Hölle auf Erden zu erschaffen. Ihnen im Wege stehen allein Slinger genannte Krieger. So weit, so absurd.
Hüne Fender begibt sich im zerstörten New York auf Menschenjagd. Das heißt, eigentlich ist die von ihm und kostümierter Gefolgschaft – darunter der als Rolf Muller gelistete Ralf Möller („Best of the Best 2“) – verfolgte Pearl Prophet (Dayle Haddon) ein Cyborg. Sie will die alte Ordnung wiederherstellen und zapft dafür im ganzen Land Computer an. Zur Seite steht ihr Rickenbacker, der erst nicht helfen will, den Pearl verschleppenden Piraten (um den des Mordes an seiner Familie schuldigen Fender) dann aber doch nachstellt, was in Industrieanlagen und Hinterhofkulissen zu wenig spektakulären und Pyun-typisch holprig montierten Scharmützeln führt. Wesentlichster Unterschied in der Erzählung ist Pearls Auftrag. In der Kinofassung ging es um ein Heilmittel gegen die Pest, im Director’s Cut um die Neuankurbelung der Zivilisation.
Auch die Rolle von Rickenbackers Kampfgefährtin Nady (Deborah Richter), die in der regulären Version Überlebende eines von Fender verübten (und in Pyuns favorisiertem Entwurf gänzlich ausgesparten) Massakers ist, erhält als verstreute Begleiterin Pearls eine andere Bedeutung. Überhaupt ist der Ton in der Ur-Fassung trister und nihilistischer, während der Soundtrack aus hartem Rock besteht. Aber was hilft es, wenn der Held blass bleibt, der Film dem Anspruch des Regisseurs bereits durch die arg beschränkten Mittel hinterherläuft und sich der Finsterling im Showdown allein durch lächerliches Dauergebrüll hervortut? Für Fans ist der alternative Blick ins post-apokalyptische Übermorgen sicher eine Reise wert. Doch bei allem eigenwilligen Charme von Filmemacher Pyun hinterlässt der Kino-Cut doch den insgesamt runderen Eindruck.
Wertung: (5 / 10)