Skin of Tears – Blinded (1995, Lost and Found Records)

In den mittleren 90ern schien die juvenile Welt noch in Ordnung. Punk, wahlweise aus Übersee oder Schweden, avancierte zum Soundtrack der Adoleszenz und beflügelte auch zahlreiche heimische Bands, die sich über die Jahre live und auf Konserve zu (mindestens) sporadischen musikalischen Wegbegleitern mauserten. Eine davon ist SKIN OF TEARS, deren mit Ska-/Reggae-Elementen influenzierter Sound vorrangig die sonnigen Tage untermalte. Oder besser: bis heute untermalt.

Nach ihrem Demo-Tape und der Split-7“ mit GIGANTOR markierte die „Blinded“-EP das offizielle (Mehr-Track-)Debüt. Von den vorangegangenen Kreativbelegen schaffte es kein Song auf die Scheibe. Dafür fand sich mit Lost and Found Records, wo bereits erwähnte Split veröffentlicht wurde, ein in jener Phase wohlklingender Label-Partner. Diesem hielten die Wermelskirchener auch für den im selben Jahr folgenden Albumerstling „Shit Happens“ die Treue, ehe man vor dem Nachfolger „Up the Cups“ (1999) im Streit auseinanderging. Von solchen Problemhorizonten scheint das halbe Dutzend Tracks jedoch angenehm weit entfernt.

Bereits der mit stimmigen Chören versehene Opener „Tomorrow People“ zeugt von einer Qualität, die vor den Größen des internationalen Punk-Zirkus kaum zurückschrecken muss. Natürlich ist auf „Blinded“ alles noch eine Spur rauer und ungeschliffener. Selbst der Gesang gibt sich noch weniger wandlungsreich als auf späteren Outputs – auch wenn „Dreamer“ (auf dem Backcover irrtümlich „Dremer“ betitelt) den leicht melancholischen Touch bereits hinreichend belegt. Trotzdem ist die Wirkung beachtlich, was nicht zuletzt der instrumentalen Güte zuzuschreiben ist. Insbesondere das Schlagzeug entwickelt einen treibenden Sog, der exemplarisch für den Spagat zwischen melodischem Punk und der – gerade beim Titeltrack – spürbaren Verwurzelung im Hardcore steht. 

Dem Reggae-Anteil wird derweil mit dem partiell lässigen „Selfish“ sowie „Change“ Genüge getan. Dessen ungeachtet geht es auf „Blinded“ bevorzugt tempobewusst zu. Im Grunde war die Zielgruppe von SKIN OF TEARS aber auch nie etwas anderes gewohnt, so dass einzig der gediegen rockende Auftakt des Rausschmeißers „When Tomorrow Comes“ aus dem Rahmen fällt. Allerdings spricht auch das für den Abwechslungsreichtum, mit dem die damals noch vierköpfige Band bereits in ihrer Frühphase zu Werke ging. Somit bleibt eine EP, bei der die Stärken von einst auch heute noch Eindruck machen. Bezogen auf den Melo-Core ist die Welt eben auch weit nach dem Erwachsenwerden noch in Ordnung.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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