Emo war gestern. Auch bei SILVERSTEIN, die dem ausgestellt melancholischen Screamo der „Discovering the Waterfront“-Ära erfolgreich entwachsen sind. Das Geschrei ist geblieben. Der Herzschmerz wurde jedoch durch vielseitigere Einflüsse verdrängt. Auf „Misery Made Me“, Album Nummer elf, nimmt er lediglich im Titel einen Podestplatz ein. Schwermut schwingt dabei noch immer unweigerlich mit. Nur hat sich der musikalische Transportweg geändert. Teil des Sounds sind elektronisch angehauchte Passagen und mehr noch Einflüsse zwischen Indie-, Alternative- und Synthie-Rock.
Das mag auf den ersten Blick verwundern. Doch SILVERSTEIN sind immer noch unverkennbar SILVERSTEIN. Nur eben mit erweitertem Inspirationsspektrum. Traditionelle Töne schlagen die Kanadier beim Auftakt „Our Song“ oder dem brachialen „Die Alone“ an, das Frontmann Shane Told im Brüll-Duett mit Andrew Neufeld von COMEBACK KID präsentiert. Auf bewährte Muster, respektive das Ineinandergreifen von Melodie und Härte, Klargesang und Geschrei, setzen auch „It’s Over“, oder „Slow Motion“.
Ein nicht unerheblicher Teil der elf Stücke wird allerdings durch jene quasi-experimentellen Facetten geprägt, die bei „Ultraviolet“ gen LINKIN‘ PARK tendieren, das kontrastierende Song-Duo „The Altar“ und „Mary“ (Brutalität trifft Ballade) mit Elektro-Zwischenspiel und roboterhaftem Gesang versehen oder „Bankrupt“ zum Schmelztiegel sämtlicher Einflüsse stempeln. Dagegen fällt ein Beitrag wie das weichgespülte „Cold Blood“ merklich ab – selbst wenn die Atmosphäre auch hier routiniert gesteigert wird. Für alte und neue Fans der Kanadier wird damit auch „Misery Made Me“ zum entdeckungswürdigen Erlebnis. Nach zwei Jahrzehnten konstanter Fleißarbeit ein mehr als respektables Fazit.
Wertung: (7 / 10)