Silverstein – I Am Alive in Everything I Touch (2015, Rise Records)

silverstein-i-am-alive-in-everything-i-touchEin neues Album von SILVERSTEIN? Da weiß man doch schon im Vorfeld genau, was einen erwartet! Oder doch nicht? Mit „I Am Alive in Everything I Touch“ vollziehen die Kanadier die seit (mindestens) drei Alben erwartete Wandlung. Umfassend sind die Veränderungen ihres Sounds nicht. Es ist eher eine Feinjustierung, die sich im Anschluss an den einführendem Geräuschabstecher nach „Toronto (Abridged)“ bereits an „A Midwestern State of Emergency“ ermessen lässt. An der Stimme Shane Tolds, so viel sei vorab verraten, liegt es nicht.

Die wandert noch immer zwischen Gesang und Geschrei. Der Unterschied zu früheren Outputs liegt in der Instrumentierung, die sich deutlicher denn je dem Post-Hardcore öffnet und merklich (Indie-)rockigere Einflüsse zulässt. Das unterstreicht auch das folgende „Face of the Earth“ oder „In the Dark“. Auf ihrem mittlerweile achten Studioalbum gehen es die Screamo-Veteranen melodischer, verspielter und ja, auch eine Spur softer an. Told verzichtet bei „The Continual Condition“, „Desert Nights“ und dem finalen Akustik-Stück „Toronto (Unabridged)“ gar völlig auf die markanten Shouts.

Gefallen wird das nicht jedem. Nur sollte die unterschwellig einkehrende Lässigkeit nicht mit einer Überportion Weichspüler verwechselt werden. Selbst der schwere Brocken „Heaven, Hell and Purgatory“ entspricht mit seinen erst übersteuerten und anschließend weitschweifigen Gitarren nicht dem zu erwartenden Knüppelstandard. Und das schwermütige, eher an ein Intermezzo erinnernde „Late on 6th“ ist von der üblichen Quotenballade auch denkbar (und dankbar) weit entfernt.

„I Am Alive in Everything I Touch“ fällt überraschend vielseitig aus. Daran ändern auch gewohnt strukturierte, darüber aber kaum weniger willkommene Beiträge wie „Buried At Sea“, „Milestone“ oder „Je Me Souviens“ nichts. Neu erfinden sich SILVERSTEIN auf ihrem jüngsten Werk nicht und allen Zweiflern sei versichert, dass ihre Urheberschaft weiterhin klar erkennbar bleibt. Glücklicherweise aber spielen sie nicht – wie in der Vergangenheit trotz weitgehend konstanter Überzeugungsarbeit bereits geschehen – einfach ihren Stiefel herunter, sondern öffnen ihren Sound alternativen Einflüssen. Das Ergebnis jedenfalls kann sich wirklich hören lassen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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