Shocker (USA 1989)

shocker-cravenNo More Mr. Nice Guy

Es gab Zeiten, da galt Wes Craven als Visionär des Horror-Genres. Mit dem Low Budget-Schocker „Last House on the Left“ (1972) schuf er, gemeinsam mit dem späteren „Freitag der 13.“-Regisseur Sean S. Cunningham, einen berüchtigten Vorläufer des Terrorfilms. Es folgten stilbildende Schocker wie „The Hills have Eyes“ (1977) und „A Nightmare on Elm Street“ (1984). Von wenigen Ausnahmen – allen voran dem Slasher-Revival „Scream“ (1996) – abgesehen, ist der Rest entweder solides Handwerk oder verzichtbare Fließbandarbeit. Ein wenig über den Dingen schwebt – neben „Das Haus der Vergessenen“ (1991) – „Shocker“, mit dem Craven sein Oeuvre zum Ausklang der 80er buchstäblich um einige Farbtupfer bereicherte.

In Sachen Atmosphäre und integraler Humorverknüpfung erinnert die Inszenierung bisweilen an spätere Teile der „Nightmare“-Reihe, die nach düsterem Auftakt eine zusehends comichafte Note erhielt. Aber der Zeitgeist des Jahrzehnts der Neonlichter und schrillen Frisuren färbte eben auch aufs Kino ab, was sich hier einmal mehr in Videoclip-Ästhetik und lautem Metal-Sound äußert. Craven, neben Regisseur auch Produzent und Autor, lässt einen irren Mörder über die Protagonisten kommen. Der hört auf den Namen Horace Pinker (Mitch Pileggi, „Akte X“), ist Fernsehtechniker und löscht bevorzugt ganze Familien aus. Beim einleitenden Opferkreis wird auch „Nightmare“-Heroine Heather Langenkamp ein Kurzauftritt gewährt.

Der erfolgreiche High-School-Footballer Jonathan (der spätere „Battleship“-Regisseur Peter Berg) erlebt Pinkers jüngste Bluttat im Traum. Ziehvater und Polizist Don Parker (Michael Murphy, „Batmans Rückkehr“), obendrein leitender Ermittler, glaubt ihm aber erst, als auch die eigene Familie inklusive Jonathans Freundin Alison (Cami Cooper, „Applejuice“) getötet wird. Weil der Teenager den Killer tatsächlich identifizieren kann, wird dieser (nach erfolgreicher Flucht und aufgeschlitzten Polizistenkehlen) gefasst und auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet. Doch bevor Pinker knusprig gebrutzelt wird, paktiert er mit finsteren (telegenen) Mächten und kann als körnige Bildstörung fortan von einem Körper in den nächsten schlüpfen.

„Shocker“ hat Witz und Tempo, ist stimmig besetzt – als Nebendarsteller ist u.a. Ted Raimi („Night of the Intruder“) dabei – und hat einen durchgeknallten übernatürlichen Mörder im Repertoire. Dass es den am Ende ins Fernsehnetz verschlägt, wo er sich mit Jonathan durch die Kanäle balgt, wirkt samt albernem Fernbedienungs-Showdown allerdings eine Spur zu überdreht. Die Verwandtschaft zwischen Pinker und dem adoptierten Jonathan bleibt auch eher kryptisch, dafür destilliert Craven vor allem aus der vielfältigen körperlichen Besessenheit durch den Killer freudvoll sarkastische Sequenzen auf den Spuren von „The Hidden“. Die Tricks aus der Prä-CGI-Ära wirken veraltet, verfügen aber noch über genug Charme, um den mehr grell überzeichnet denn kompromisslos düsteren Streifen auch heute noch sehenswert zu gestalten.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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