Screed – What Have We All Become (2022, Melodic Punk Style)

Süddeutschland und Nordamerika liegen näher beieinander, als es der Blick auf die Weltkarte vermuten ließe. Ein verbindendes Element sind SCREED, deren technisch versierter Hardcore-Punk stilistische Nähe zu Übersee-Größen wie BIGWIG oder BELVEDERE pflegt. Zehn Jahre nach ihrem Albumdebüt „Why Should We Care“ bedeutet „What Have We All Become“ die Rückkehr der Münchner ins Rampenlicht einer Szene, die sich zunehmend aus nostalgischem Charme speist. Die schlechteste Voraussetzung für einen Nachschlag ist das nicht. Vielleicht sogar die beste.

Textlich ist das Quartett mal beim Persönlichen und mal beim Gesellschaftspolitischen (siehe etwa den Opener „News 2.0“). Das erstgenannte Moment kommt – gerade aus der Warte eines zweifachen Vaters – beim selbstreflexiven „Lucky I Got You“ zur Geltung. Der in Richtung Nachwuchs eher euphemistische Nachklapp folgt mit „Love You Like Insane“. Die Themen der Fortysomethings sind eben andere als die der Twens. Instrumental überraschen SCREED durch Strukturen mit hohem Abwechslungsreichtum. Die 14 Songs stehen niemals still, konstante Rhythmus- und Tempowechsel sorgen dafür, dass innerhalb der einzelnen Tracks immer mächtig Wirbel vorherrscht.

Hinzu gesellt sich eine Spielfreude, die Beiträge wie „Second Best“, „Move On“, „Confined“, „Surprise! Surprise!“, den Titelsong oder „The Strain“ zu glasklaren Hits stempelt. Dabei beweisen die Bajuwaren über momentweise Anlehnungen an NOFX, STRUNG OUT & Co. standesgemäße Nähe zum Melo-Core der 90er (siehe exemplarisch „Raise Your Glass“). Somit bleibt der Entdeckungsspielraum sowohl für die Retrospektiv-Fraktion als auch für Punk-Rock-Modernisierende erfreulich breit aufgestellt. Es muss eben nicht alles hinterfragt werden, was aus uns geworden ist.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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