Schiffsmeldungen (USA 2001)

schiffsmeldungenRegisseur Lasse Hallström gilt als Verfechter einer unaufdringlichen Art der Kinounterhaltung, die Kopf und Bauch gleichermaßen anspricht. Geschuldet bleibt dies seinem Hang zur wiederholten Umsetzung literarischer Werke mit erhöhtem Anspruch – so beispielsweise geschehen bei den erfolgreichen Verfilmungen zu Peter Hedgers „Gilbert Grape“, John Irvings „Gottes Werk und Teufels Beitrag“ und Joanne Harris‘ „Chocolat“. Auch Hallströms letzter Streich, „Schiffsmeldungen“, basiert auf einer Buchvorlage, in diesem Falle dem Roman „The Shipping News“ aus der Feder von E. Annie Proulx.

In der Hauptrolle des dialoglastigen Dramas brilliert Kevin Spacey als desillusionierter Einzelgänger Quoyle. Dieser, geplagt von einem Mangel an Charakterfestigkeit und Selbstvertrauen, lernt wie aus heiterem Himmel die extrovertierte Petal (Cate Blanchett) kennen und steuert mit ihr schon kurz darauf den Hafen der Ehe an. Doch sein verkümmertes Durchsetzungsvermögen und die akute Hilflosigkeit machen Quoyle verletzlich und liefern seine gestrauchelte Existenz der untreuen Gemahlin gänzlich aus. So nimmt der Duckmäuser stillschweigend hin, dass seine Frau ihn in den eigenen vier Wänden betrügt, während er im Nebenzimmer die gemeinsame Tochter Bunny hütet. Schließlich verlässt Petal den rückgratlosen Gatten ohne ein Wort des Abschieds.

In der Wartezeit auf ein Lebenszeichen von Frau und Kind, das von Petal auf ihrem Trip mitgezerrt wurde, erhält Quoyle Nachricht vom Tode seiner Eltern und lernt im Zuge der Einäscherung Tante Agnis (Judi Dench) kennen. Als darauf noch die Botschaft vom Unfalltod Petals zu ihm dringt, lässt er sein bisheriges Leben hinter sich und siedelt mit Tante und Tochter, inzwischen wohlauf zum Vater zurückgekehrt, nach Neufundland um, dem heimatlichen Boden seiner Vorfahren. In dieser kargen wie mystischen Welt wird Quoyle als Schreiber für eine kleine Lokalzeitung eingestellt, verantwortlich für die Themenbereiche Schiffsmeldungen und Verkehrsunfälle. Zudem lernt er die reservierte, ebenfalls seelisch angeschlagene Kindergärtnerin Wavey (Julianne Moore) kennen und schöpft neuen Lebensmut. Doch Einsicht und Weiterentwicklung erweisen sich als schwer und auch die Historie seiner Familie birgt manch düsteres Geheimnis.

In ruhigen Bildern und mit gemächlichem Erzähltempo schreitet die Geschichte vorwärts und präsentiert eine illustre wie kauzige Reihe verlorener Seelen, welche sich allesamt auf der Suche nach ihrem Platz im Leben befinden. Lasse Hallström nimmt den Betrachter dabei mit auf eine melancholische Reise in die kalten Gefilde Neufundlands und die Gefühlswelt seiner Charaktere. Dabei verzichtet der Regisseur beinahe gänzlich auf gängige Klischees und stellt seine Figuren konturenreich und in ihrer Persönlichkeit verschachtelt dar. Dass gerade dieses Mittel beizeiten etwas überfrachtet erscheint, schadet „Schiffsmeldungen“ aber nur peripher. Denn vielmehr schafft Halström der unterkühlten Atmosphäre zum Trotz einen Film voller Wärme, obendrein angereichert mit leisem Humor.

Die vortrefflich besetzte Darstellerriege verkörpert die gestrandeten Figuren glänzend und mit viel, allen voran der zweifache Oscar-Preisträger Kevin Spacey („American Beauty“). Ihm zur Seite stehen Julianne Moore („Magnolia“), Oscar-Preisträgerin Judi Dench („Shakespeare in Love“), Scott Glenn („Absolute Power“), Rhys Ifans („Notting Hill“) und Pete Postlethwaite („Brassed Off“). Ein gefühlvolles Drama im schwelgerischen Stile von Scott Hicks „Schnee, der auf Zedern fällt“. Genau der richtige Film für kalte Herbsttage.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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