Red Riding Hood (I 2003)

EPSON scanner imageMärchen auf verstörend moderne Weise zu interpretieren ist keine Neuerung. Man betrachte nur Francois Ozons abgründige Hänsel und Gretel-Variante „Criminal Lovers“ oder Matthew Brights „Freeway“, der Rotkäppchen in einen wilden Mix aus Road-Movie und Thriller verwandelte. Der Geschichte vom Mädchen und dem Wolf widmet sich auch der Italiener Giacomo Cimini in „Red Riding Hood“. Der Weg seiner Übersetzung ist gesäumt von blutiger Gewalt. In ihr, wie der gesamten Umsetzung, liegt eine strenge Orientierung am klassischen Giallo-Splatter, insbesondere am Werk Dario Argentos.

Kind und Untier machen gemeinsame Sache: Das Rotkäppchen, die frühreife zwölfjährige Jennifer (Susanna Satta) sucht die Opfer aus, ihr Freund George – eine groß gewachsene Gestalt mit avantgardistischer Wolfmaske – tötet sie. Auf diese Weise, so glaubt das psychopathische Gör, könne es dem moralischen Verfall der Gesellschaft Einhalt gebieten. Weil der Vater, ein ambitionierter Politiker, ermordet wurde und die Mutter ihr längst den Rücken gekehrt hat, bleibt nur noch die Oma (Kathleen Archebald). Diese möchte Jennifer aus ihrer Heimatstadt Rom nach New York bringen. Um sich der Entscheidung zu widersetzen, sperrt das Kind die Großmutter ein. Was folgt ist eine Tortur aus Erniedrigung und Folter.

In Sachen Gewalt hält sich Cimini wenig bedeckt. Da werden unverblümt Gliedmaßen vom Rumpf getrennt oder Nägel in den Genitalbereich getrieben. Abseits der drastischen Schändung von Geist und Körper hat der Film aber nur in Ansätzen Originelles zu bieten. Dass Jennifer sich in eine morbide Traumwelt flüchtet, sorgt für atmosphärische Wanderungen zwischen Wunsch und Wirklichkeit. Diese beinhalten auch subtile Verweise auf die Vorlage. Dem gegenüber steht eine Inszenierung, die sich nur mit Zögern einem Gesamtziel nähern will. Das fördert Längen, die durch experimentelle Kamerafahrten und eine stimmig opernhafte Musikuntermalung ausgeglichen werden sollen.

Trotz guter Ansätze geht die Rechnung nicht völlig auf. Der Spannungsbogen bleibt unbeständig, die Gier nach geschundenen Körpern zu fokussiert auf die Befriedigung der Gelüste eines nach künstlichem Blut gierenden Publikums. Als Hommage an die Blütezeit des italienischen Splatter-Thrillers funktioniert der Film ordentlich. Doch vollzieht „Red Riding Hood“ die Gratwanderung zwischen Verständnis und Verachtung seiner kindlichen Hauptfigur nicht konsequent. Zudem mündet der Verlust der Unschuld in eine finale Wendung, die sich als nur wenig überraschend entpuppt. Es bleiben ungenutzte Möglichkeiten und insgesamt solides Mittelmaß.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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