Rare Exports – Eine Weihnachtsgeschichte (FIN/N/SE/F 2010)

rare-exportsDen Weihnachtsmann gibt es doch! Nur ist er nicht der freundliche, von Coca Colas Marketingabteilung erfundene alte Herr mit wallend weißem Rauschebart und rot-weißem Umhang. Nein, er ist ein grausamer, heidnisch gehörnter Bestrafer, der die unartigen Kinder gewaltsam übers Knie legt. So weit zur Legende. Die Realität, also die filmische Wirklichkeit in Jalmari Helanders originellem Grusel-Märchen „Rare Exports“, verortet ihn in Finnland. Dort, auf einem Berg nahe der russischen Grenze, stoßen Minenarbeiter bei Bohrungen in der Tiefe auf Sägespäne. Der US-Investor weiß um die Bedeutung des Fundes und lässt ein Loch in den Fels sprengen.

In der Nähe des Berges findet sich eine verstreute Dorfgemeinschaft, die, als sie wie jedes Jahr die Rentiere für die Fleischverarbeitung zusammentreiben will, eine böse Überraschung erlebt. Im verschneiten Hinterland entdecken sie eine Vielzahl zerfetzter Kadaver. Während die Erwachsenen um ihre Existenz fürchten, hat der kleine Pietari (Onni Tomilla) eine Vermutung. Die erhärtet sich, als Vater Rauno (Jorma Tomilla) und die anderen Männer auf den Berg steigen, um die in Verdacht geratenen Arbeiter mit dem Schaden zu konfrontieren. Das Lager aber ist verlassen und der Tiefe des ausgehöhlten Massivs scheint eine Entdeckung gewaltigen Ausmaßes entrissen worden zu sein.

Nicht nur die stimmungsvolle Musik und die suggestive Kamera verheißen nahendes Unheil an diesem scheinbaren Ende der Welt. Frauen gibt es dort offenbar keine. Pietaris Mutter ist verstorben, was dem verschlossen wirkenden Vater am Vorweihnachtsabend die Tränen in die Augen treibt. Anlass zur Strenge bietet das Verhalten des Sohnes, der eine Bärenfalle im Kamin platziert, ein Gewehr mit sich herumträgt und den Po mit Pappe schützt. Als Rauno in einer selbstgebauten Wolfsfalle vor dem Haus einen dürren, vermeintlich toten Greis entdeckt, glaubt er an einen der Minenarbeiter. Der Alte mit feinem Riecher für Kinder ist aber mitnichten tot – und sein Auftauchen nur der Anfang einer Serie bizarrer Ereignisse.

Die inszeniert Helander – wie bereits verschiedene Kurzfilme zum Thema – mit schleichender Spannung, makabrem Humor und skurrilen Ideen. Dass „Rare Exports“ aus Kindersicht erzählt wird, steht der wenig kindgerechten Umsetzung nicht im Wege. Mit seinen verschrobenen Figuren und dem schrulligen Witz braucht der äußerst kurzweilige Film kein hohes Tempo. Gefeiert werden die Macht der Fantasie und das morbide Moment klassischer Märchen. Das aberwitzige und explosive, dem knappen Budget entsprechend aber fast schon zu unspektakuläre Finale sowie der herrlich absurde Epilog unterstreichen den individuellen Charakter dieser visuell bestechenden (Anti-)Festtags-Morität. Es sollte daher nicht verwundern, wenn auch Helander bald den Ruf Hollywoods vernimmt. Ein Remake seines Films ist jedenfalls bereits beschlossene Sache.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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