Rambo: Last Blood (USA 2019)

Die Entwicklung des klassischen Action-Recken John Rambo ist vom Wandel der Zeit geprägt. Zunächst, in „First Blood“ (1982), war er ein traumatisierter Elitekämpfer, Sinnbild dafür, was der Krieg mit seinen vermeintlichen Helden anrichtet. Da dies für Hollywood aber kaum ein seriales Produkt ermöglicht, wurde die kritische Projektionsfläche mit „Part two“ (1985) ins Gegenteil verkehrt und zu einer hurra-patrotischen Galionsfigur der revisionistisch konservativen Reagan-Ära verklärt. Dass dies Rezept mit „Rambo III“ (1988) in die unfreiwillige Selbstparodie mündete, brachte der unkaputtbaren Ein-Mann-Armee eine Zwangspause bis ins neue Jahrtausend ein.

Erst 2008, mit „John Rambo“, revitalisierte Sylvester Stallone die Rolle, die seine Karriere neben Rocky am stärksten definiert. Das Ergebnis war eine peripher reflektierte, im Grunde aber einzig auf ultrabrutale Schauwerte fokussierte Schlachtplatte. Dass Stallone dem alternden Schlagetot auch in „Last Blood“ keinen Frieden gönnt, scheint vorrangig mit seinem eigenen Ringen mit der Vergänglichkeit begründet. Auch der mittlerweile 73-jahrige Action-Veteran hat seinen Zenit längst überschritten. Was bleibt ist das Klammern an die großen Erfolge. Solche wie „Rambo“, solche wie „Rocky“. In einer Zeit, in der mit Retro-Themen meist solider Ertrag gewährleistet ist, eine erwartbar sichere Bank.

In „Last Blood“ fristet John Rambo Jahre nach der selbstauferlegten Verrentung ein zurückgezogenes Dasein als Rancher in Arizona. Der aktive Militärdienst hat ihm außer Traumata wenig Bleibendes beschert. Alt, gebrochen und ob des eingeschlagenen Lebensweges fast ein wenig reumütig arbeitet er mit Pferden und legt unter seinem Grund ein verzweigtes Höhlensystem an. So wie einst der Vietcong in Zeiten des Krieges. Aber für Rambo gibt es einen unfreiwilligen Ausweg. Und der führt in einem Film wie diesem zwangsläufig über Gewalt. Der ausrangierte Paradekampfer kann eben nichts anderes, als möglichst effizient Leben zu beenden.

Den fadenscheinigen Auslöser liefert Gabrielle (Yvette Monreal, „Stargirl“), die von Rambo wie eine Tochter gehütete Enkelin seiner mexikanischen Hauswirtschafterin Maria (Adriana Barraza, „Babel“). Als sich die junge Frau jenseits der Grenze auf die Suche nach ihrem Vater macht, gerät sie in die Fänge der ruchlosen Brüder Hugo (Sergio Peris-Mencheta, „Snowfall“) und Victor Martínez (Óscar Jaenada, „Loving Pablo“). Die stehen einem Verbrechersyndikat vor, das sich auf Drogen- und Mädchenhandel spezialisiert hat. Durch das spurlose Verschwinden Gabrielles alarmiert, begibt sich Rambo auf die Suche und zettelt einen Kleinkrieg an, der auf seinem Boden, nach seinen Regeln, infernalisch eskaliert.

Dass der Zweck die Mittel heiligt, ist bei Rambo auch im fragwürdigen Selbstjustiz-Modus offensichtlich. Erst recht, wenn er, um den schlichten Plot auf Finalkurs zu wuchten, in Mexiko zu Klump geprügelt wird und nur mit Hilfe von Journalistin Carmen (Paz Vega, „Acts of Vengeance“) entkommen kann. Die Rache des erbarmungslosen Kriegers manifestiert sich in einem Showdown, bei dem Rambo die Reihen seiner Gegner mit übertriebener Fallenstellerkreativität in „Kevin, allein zu Haus“-Manier lichtet. Das offensiv derbe Gemetzel, bei dem das Martínez-Gefolge mit allem traktiert wird, was Körper effektvoll in seine Bestandteile zerlegt, versetzt Genre-Puristen zweifelsfrei in Hochstimmung, kann das Dilemma des Films aber letztlich nicht entkräften.

Der Titel des von Adrian Grunberg („Get the Gringo“) erst verhalten und letztlich dreckig brutal inszenierten Reißers erweist sich als Trugschluss. „Last Blood“ ist kein Abgesang, kein Vermächtnis, sondern, auch dank der Produzenten Avi Lerner und Boaz Davidson („The Expendables“), vorrangig ein mittelprächtiger Genrefilm mit B-Stallgeruch. So wird das alte Schlachtross John Rambo ohne Aussicht auf Läuterung weiter von Gefecht zu Gefecht gezerrt. Der auch als Co-Autor gelistete Stallone lässt dazu traurig die Wangen hängen und schaltet souverän in den Berserker-Modus, um dem Publikum bei aller Schwermut am Ende doch das zu geben, wonach es verlangt: zünftigen Aderlass. Das letzte Blut ist, zumindest gemessen am mutlos pathetischen Ausklang, sicher noch nicht vergossen.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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