Rage – Tage der Vergeltung (USA 2016)

Wo das Gesetz versagt, sind nach dem Auge-um-Auge-Credo des modernen Kinos die Vigilanten gefragt. Grundlegende Kritik an der Verrohung der Gesellschaft wird dabei gern als legitimierender Antrieb genutzt. So auch bei „Rage – Tage der Vergeltung“, der über den Originaltitel „I Am Wrath“ biblische Bezüge transportiert. Als eigenmächtiger Wahrer von Recht und Ordnung ist es an Alt-Star John Travolta („Face/Off“), die Ermordung seiner Frau (mit kurzem Gastspiel: Rebecca De Mornay, „Die Hand an der Wiege“) zu sühnen. Die Vergangenheit des scheinbaren Normalos als CIA-Agent erweist sich beim obligatorischen Rachefeldzug als nützlich, unterstreicht aber vorrangig, dass im Drehbuch von „Stiletto“-Autor Paul Sloan lediglich Raum für Rabatz nach gängigem Muster bleibt.

Der Vorspann zeigt einen Mix aus Archivaufnahmen, nachgestellten Verbrechen und Newsbeiträgen. Sie alle mehren das Bild einer außer Kontrolle geratenen Gesellschaft. Das Problem daran: Für die nachfolgende Handlung, die in konstruierte Verstrickungen von Politik, Polizei und Unterwelt mündet, ist der gesellschaftspolitische Bezug völlig unnütz. Stattdessen wird mit zarten Parallelen zu „Death Wish“ (1974) und „John Wick“ (2014) ein Action-Drama entfesselt, das kaum über B-Niveau hinauslangt. Die Beteiligung verschiedener Hollywood-Veteranen vor wie hinter der Kamera – erwähnt seien Regisseur Chuck Russell („Eraser“) und Kamera-Dirigent Andrzej Sekula („Pulp Fiction“) – erweist sich bedauerlicherweise nicht als qualitätssteigernder Faktor.

Ursprünglich war der Streifen als Vehikel für Kino-Altmeister William Friedkin und den stolpernden Schauspiel-Tausendsassa Nicolas Cage konzipiert. Angesichts der minderen Güteklasse der Kompromissvariante können beide froh sein, dass Kelch und Verpflichtung an ihnen vorübergegangen sind. So ist es an Travoltas Stanley Hill, allerlei Gesindel der gerechten (Todes-)Strafe zuzuführen. Nachdem er erleben musste, wie Gattin Vivian von Straßengangstern getötet wird, sind ihm die ermittelnden Polizisten (u. a. Sam Trammell, „True Blood“) keine Hilfe. Im Gegenteil, lassen sie den von Stanley eindeutig identifizierten Charley (trat neben Travolta auch in „Gotti“ und „Speed Kills“ auf: Luis Da Silva Jr.) doch einfach laufen.

Mit tatkräftiger Unterstützung seines alten Black-Ops-Kollegen Dennis (Christopher Meloni, „Law & Order“) beginnt Stanley, die Täter aufzuspüren (und auszumerzen), sieht sich mit Lemi K (Skriptschreiber Sloan) aber bald einem deutlich härteren Gegner gegenüber. Damit nicht genug, scheint Vivians Tod unmittelbar mit ihrer Arbeit für Gouverneur Meserve (Patrick St. Esprit, „S.W.A.T.“) in Verbindung zu stehen. Interesse weckt das bestenfalls marginal. Ebenso wenig Anteilnahme, wenn sich Travolta vergebens müht, seiner Figur Profil zu verleihen. Zu aufgesetzt erscheinen die dramatischen Aspekte, zu beliebig die Action-Intermezzi. Immerhin Meloni bringt eine gewisse Überhöhung mit, die den bierernst abgespulten Plot zumindest momentweise als das ausweist, was er ist: sinnfreie Alibiunterhaltung mit reaktionärer Ader.     

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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