Russlands Kinoindustrie boomt. Zumindest gemessen an der Zahl der dort produzierten Filmwerke. Nennenswerte Aufmerksamkeit, so wie es „Wächter der Nacht“ (2004) beschienen war, erlangen jedoch nur wenige Beiträge. Daran ändert auch der Mystery-Horror „Quiet Comes the Dawn“ wenig, der sich visuell kaum hinter der internationalen Konkurrenz zu verstecken braucht. Der Plot hingegen holpert inkohärent von Schreckmoment zu Schreckmoment. Die Wirkung hinkt der spürbaren Ambition damit merklich hinterher.
Regie-Debütant Pavel Sidorov folgt der jungen Sveta (Alexandra Drozdova), deren Mutter auf mysteriöse Weise verstarb, als sie noch ein Baby war. Geblieben ist ihr Bruder Anton (Kuzma Kotrelev), der sich an ihrem Geburtstag jedoch aus dem Fenster stürzt und ebenfalls ums Leben kommt. In seinem Nachlass stößt Sveta auf Hinweise einer Weltuntergangssekte und Aufzeichnungen über einen gesichtslosen Dämon, der in die Alpträume der Menschen eindringt und sie mit ihren ärgsten Ängsten konfrontiert. Um ihre eigenen marternden Nachtmahre zu ergründen, begibt sich Sveta ins Schlaflabor von Professor Laberin (Valeriy Kukhareshin, „Anna Karenina“), der eine Methode entwickelt hat, die es mehreren Probanden erlaubt, im selben Traumszenario zu interagieren.
Das ist so sinnfrei, wie es klingt. Doch so schwachbrüstig die Handlung auch erscheinen mag, die Umsetzung ist zweifellos kompetent. Das Horror-Kino ist eben häufig vom „Stil über Substanz“-Credo getrieben. So auch hier. Die Bilder wirken, dank überzeugender Kamera, dank gelungener Bilddramaturgie. Die alptraumhafte Atmosphäre erhält durch Rückblicke und Traumsequenzen einen surrealen Touch, der die Grenzen zwischen Wahn und Realität verschwimmen lässt. So findet sich Sveta bald mit Kirill (Aleksandr Molochnikov), Vitaliy (Oleg Vasilkov, „Red Sniper“) und Lylia (Anna Slyu, „Wächter der Nacht“) in einem träumerischen Abbild des Therapiezentrums, das für jeden der vier Probanden ein ganz eigenes Schreckensszenario bereithält.
Die Prämisse sorgt zwar für solide Gänsehautmomente und konventionelle Jump Scares, offenbart als weitgehend lose Sammlung bemüht unheimlicher Impressionen allerdings nur wenig Stringenz. Gerade der Aspekt der Sekte, die dem Traum-Dämon einen Zugang in die Realität verschaffen will, rückt samt der namenlosen Spukgestalt zu sporadisch ins Zentrum der Geschichte. Die Schauspieler agieren angemessen, Hauptdarstellerin Drozdova fußt ihre Performance der fragilen Introvertierten jedoch eine Spur zu offensiv auf vor Schreck weit aufgerissene Augen. Das wirkt bisweilen etwas dick aufgetragen, was spätestens dann eine Entsprechung in der Handlung findet, wenn sich Lylia mit spitzem Werkzeug gegen ihre Schicksalsgenossen wendet. Das offene Ende schließt den Kreis erzählerischer Elemente halbwegs sauber, als echte Empfehlung geht „Quiet Comes the Dawn“ aber nicht durch.
Wertung: (5 / 10)