Nick Love, Regisseur von „The Football Factory“ und „The Business“ schlägt zurück. Das auch von ihm geschriebene Folgewerk „Outlaw“ reanimiert das Auge um Auge-Prinzip des Selbstjustiz-Krimis „Ein Mann sieht Rot“. Dem Geiste Charles Bronsons nacheifernd, geht es um Männer, die sich gegen die Widrigkeiten der modernen Gesellschaft im Kampf erheben. Das könnte für Diskussionsstoff sorgen, zumal das von Love durch den Sucher semidokumentarisch geschwenkter Digitalkamera gezeichnete Bild des gegenwärtigen England ein konsequent finsteres ist. Doch der Weg der Vigilanten war selten holpriger als in diesem Falle, was vor allem der akuten Unglaubwürdigkeit des Skripts geschuldet bleibt.
Im Fokus stehen die vom Staat im Stich gelassenen. Solche wie Anklagevertreter Munroe (Lennie James, „Snatch“), der von Komplizen eines vor Gericht stehenden Drogenhändlers bedroht wird, ehe dessen hochschwangere Frau im eigenen Heim attackiert und tödlich verletzt wird. Oder der Angestellte Dekker (Danny Dyer, „Severance“), der von seinem Vorgesetzten verbal und mit einigen Schlägern handfest drangsaliert wird. Die Polizei scheint machtlos, mehr noch unwillens Beistand zu leisten. Durch den soziopathischen Sicherheitsbeamten Hillier (Sean Harris, „Isolation“) finden fünf solcher Schicksalsgenossen zusammen. Unter Führung des Kriegsveteranen Bryant (Sean Bean, „The Dark“) organisieren sie sich gegen die Ungerechtigkeit und nehmen das Gesetz in die eigenen Hände.
Der Ablauf wirkt konstruiert, die Kontroversen wie mit dem Holzhammer in die Projektionsfläche gesellschaftlicher Missstände gedroschen. Den Funken Wahrheit bei der Formulierung des großstädtischen Molochs, den Bryant schlimmer als Kandahar nennt, mag man Nick Love nicht einmal absprechen. Doch er verzettelt sich in ungelenk spekulativen Hasstiraden, die aus dem Munde der eindimensionalen Figuren nicht selten lächerlich klingen (Bryant: „Get AIDS, or jump on a bus with a rucksack full of explosives, the government will dish you out a free car these days, but keep your head down, be a good citizen and walk without a limp, and you get zip”).
Die Riege der Aufbegehrenden wird vom desillusionierten Cop Lewis (Bob Hoskins, „Hollywoodland“) komplettiert, der die gewalttätigen Rechtsausleger mit Informationen beliefert und Beweisbänder der städtischen Überwachungskameras verschwinden lässt. Auch er sieht die Racheaktionen als Konsequenz des fortlaufenden rechtstaatlichen Versagens, nicht zuletzt der grassierenden Korruption innerhalb des Polizeiapparates. Nach Durchführung erster Aktionen, bei denen sie Kleindealer und Schläger misshandeln, überfallen sie bei helllichtem Tag einen Drogenkurier. Als „Outlaws“ erlangen sie Popularität in den Medien, wobei Love das Moment ethischer Verwerflichkeit weder im Diskurs unter den Rächern noch im Umgang mit der sensationslüsternen Presse je in gebotenem Umfang ausspielt.
Der moralische Konflikt wird auf einer Bühne ausgetragen, die für das Anliegen des unausgegorenen Films viel zu klein ist. Die Regie ergeht sich in Andeutungen, losen Enden und die Gleichsetzung von Form und Inhalt. Beides wirkt reduziert, in der Handhabung ohne Geschick. Gerade am Ende, das überhastet in eine wilde Schießerei mit der Staatsgewalt mündet und den letzten Überlebenden in fahrlässiger Flüchtigkeit Rache am eigentlichen Ziel, dem für den Tod von Munroes Gattin verantwortlichen Gangster üben lässt. Die Chance verwertbarer Kritik am sozialen System verpasst der Film in vollem Umfang. Schade um die Darsteller, die lediglich schmuckloses Beiwerk dieser fehlgeleiteten Studie sind.
Wertung: (4 / 10)