„I’m looking for a girl. A young girl. I want to fuck a fourteen year old.“ – Pervertierter Stein des Anstoßes: Billy
Mit „Drive“ avancierten Schauspieler Ryan Gosling und Regisseur Nicolas Winding Refn zum Independent-Dream-Team. Der eine lässt sich entgegen jeder Attestierung nicht auf Rollen in Mainstream-Produktionen festlegen, der andere ist bekannt für Werke, die den konventionellen Rahmen wie selbstverständlich sprengen. Sperrig mögen es beide und so schien eine neuerliche Zusammenarbeit nur eine Frage der Zeit. Mit „Only God Forgives“ wurde diese auf dem diesjährigen Filmfestival in Cannes vorgestellt, wo Refn für die erste Zusammenarbeit noch den Regie-Preis erhalten hatte. Diesmal jedoch zeigte sich das Publikum weniger begeistert.
Verwunderlich ist das nicht. Denn das in Bangkok angesiedelte Drama wirkt in seiner Bedeutungsschwere nicht bloß heillos überfrachtet, sondern in Hälfte eins auch quälend ereignislos. Gosling ist Julian Thompson, der mit dem älteren Bruder Billy (Tom Burke, „Donkey Punch“) in Thailands Kapitale eine Kickbox-Bude betreibt, hinter deren Fassade eifrig mit Drogen gehandelt wird. Das läuft so lange gut, bis der sadistische Billy im Rausch eine minderjährige Prostituierte totprügelt. Die Tat bringt den pensionierten Polizisten Chang (Vithaya Pansringarm, „Largo Winch II“) auf den Plan, der stets ein Schwert mit sich führt und sein Handeln einem eigenwilligen Kodex der Rechtsprechung unterwirft.
Er lässt Unrecht mit Unrecht vergelten, indem er Billy dem Vater des getöteten Mädchens ausliefert. Jener erhält, nachdem er den Mörder zu einem leblosen Fleischklumpen geschlagen hat, aber selbst die nach Chang gerechte Strafe für die versäumte Fürsorge der eigenen Tochter, was darin mündet, dass ihm der ehemalige Rechtshüter eine Hand abschlägt. Doch ist das erst der Anfang einer gewaltreichen wie zäh aufgetischten Abwärtsspirale. Denn viel bewegt sich nicht. Während Chang vor gebannt gelangweilten Publikum Volkslieder schmettert und schaut, als könne er kein Wässerchen trüben, gibt Gosling in blau oder rot farbdominierten Füllszenen zu poppigen Elektro-Sounds mit leerem Blick die gestrandete Seele.
Spannend ist das bestenfalls bedingt. Aber mit Auftauchen von Kristin Scott Thomas („So viele Jahre liebe ich dich“), die den bis dahin leblosen Film als rotzige Übermutter Crystal unverzüglich an sich reißt, ändert sich der Erzählrhythmus entscheidend. Denn sie ist nicht nur überdominante Erzeugerin der Brüder, sondern auch Drahtzieherin der kriminellen Aktivitäten. Sowieso war Billy ihr Lieblingssohn. In der besten und zugleich absurdesten Szene referiert sie vor Julians Scheinfreundin über die Penisgrößen ihrer Sprösslinge. Das sitzt. Aber ihr Kommen dient einem ganz bestimmten Zweck.
Natürlich will die unerbittliche Glucke Rache. Nur erweist sich der mit halbschwachem Ödipuskomplex beladene Julian als absehbarer Schlappschwanz, der den Tod des eigenen Bruders mehr begrüßt denn verurteilt. Also müssen andere die Drecksarbeit machen. Zu der gehört auch die Ermordung Changs. Der aber bleibt wehrhaft, hantiert behände mit dem Schwert und schwingt Zwecks übertrieben brutaler Folter die Essstäbchen. Wie von Refn nicht anders gewohnt, gibt sich die Gewalt verstörend. Der Rest allerdings bleibt arg gewollt und phlegmatisch auf ein metaphorisch verschwurbeltes Erlösungsfinale zusteuernd. Völlig missraten ist der Film nicht. Nur eben nicht allein angestrengt, sondern vor allem anstrengend gegen den Strich gebürstet.
Wertung: (5 / 10)