Im Grunde hat die Welt darauf gewartet, dass Robin Williams endlich mal einen negativen Charakter auf der Leinwand verkörpert. Leichte Unterhaltung wie „Mrs. Doubtfire“ oder „Jumanji“ hat er doch mittlerweile reichlich. Nun gibt es den Oscar-Gewinner erstmals von seiner bösen Seite zu sehen. In „One Hour Photo“ spielt er den alleinstehenden und von der Gesellschaft abgeschotteten Seymour Parrish, der als Entwickler in einem kleinen Express-Fotoshop arbeitet. Parrish hat keine Familie, keine Freunde und im Grunde niemanden, mit dem er sich unterhält, außer seinen Kunden. Zu denen hat er in seiner Einsamkeit innerlich ein so inniges Verhältnis aufgebaut, dass er die Fotos, die bei ihm abgegeben werden, auch für sich gleich mit abzieht und zu Hause an einer großen Wand aufhängt.
Zu seinen Lieblingskunden gehört die Familie Yorkin, bestehend aus Vater Jakob (Dylan Smith), seiner Frau Nina (Connie Nielsen) und Sohn Will (Michael Vartan). Gerade zu den Yorkins fühlt sich Seymour sehr hingezogen und in seinen Gedanken und Träumen lebt er als „Onkel Sey“ glücklich mit ihnen zusammen. Doch der unscheinbare und immer freundliche Seymour kommt beim Geschäftsführer des Einkaufstempels, zu dem Seymours Fotoladen gehört, nicht gut an und nachdem dieser Wind von Seymours „Mehrproduktion“ in eigener Sache erfährt, schmeißt er ihn raus. Für Seymour bricht eine Welt zusammen und als er durch Zufall erfährt, dass seine Traumwelt in Form von Familie York zu platzen droht, da Jakob seine Frau Nina betrügt, rastet „Onkel Sey“ aus.
Regisseur Mark Romanek hat mit Spielfilmen bisher nicht sonderlich viel am Hut gehabt, sondern Videos u.a. für Lenny Kravitz, Madonna, R.E.M. oder David Bowie gedreht. Auch dort muss man mit visueller Kraft die ein oder andere Schwäche eines Songs verdecken und nicht viel anders hält es sich auch mit seinem Psycho-Portrait „One Hour Photo“. Zwar hat Romanek mit Robin Williams neben der gelungenen Optik auch noch einen zweiten Lichtblick zu verzeichnen, doch das war es dann auch schon. Aus der Story hätte man viel mehr rausholen können, dies wird vor allem anhand der Darstellung von Robin Williams deutlich, doch Romanek geht mit dieser nicht weit genug und legt Hauptaugenmerk auf die äußere Verpackung. Der Film ist, so muss man es einfach sagen, über weite Strecken langatmig. Man wartet förmlich darauf, dass etwas passiert, doch die kurzen Anwandlungen, die im Bereich des Begriffs „Spannung“ anzusiedeln wären, verpuffen schnell.
Auch der Schluss, der Williams lediglich darauf bedacht zeigt, Fotos des Betrügers Yorkin zu schießen, entbehrt jeglicher Logik und ein wenig mehr Zynismus und Tempo hätten dem Film sehr gut getan. Es wäre interessant zu sehen, was ein David Fincher auf dem Regiestuhl vollbracht hätte, aber das sind alles Spekulationen. Der Plot wird definitiv von seinem Hauptdarsteller getragen, den man als solch distanzierten Charakter noch nie gesehen hat. Hier wird das Lächeln nur für die Kundschaft aufgesetzt, ansonsten verschwindet es hinter einer undurchsichtigen Maske. In sterilen und klaren Bildern passt Romanek die Umgebung seiner Figur an. Die übrigen Darsteller verblassen gegen Williams, allerdings gibt ihnen die Story auch nicht die Möglichkeit zur Entfaltung. Schade, gute Ansätze und ein starker Robin Williams machen leider noch keinen herausragenden Film.
Wertung: (5 / 10)