Einen kunstvollen Höhepunkt erklomm die „Okami“-Reihe mit „Der Wind des Todes“. Der dritte Part der Saga um Schwertmeister Itto Ogami (Tomisaburo Wakayama), den ehemaligen Scharfrichter des Shoguns, der durch eine Intrige des Yagyu-Klans geächtet wurde und mit Sohn Daigoro (Akihiro Tomikawa) auf Rache sinnend den Weg der Hölle beschreitet, setzt trotz eines furiosen Showdowns weniger auf blutige Samurai-Action. Stärker als zuvor rücken persönliche Schicksale ins Zentrum der Erzählung, die sich diesmal zu einem anmutigen und bisweilen tieftraurigen Blick auf die veränderte Rolle der Samurai und Geschlechterbilder im feudalen Japan verdichten.
Der Wandel der Zeit hat aus vielen Samurais Söldner gemacht, die sich von den alten Tugenden entfernt haben und dem Alkohol verfallen sind. Eine Ausnahme ist der mit seinem Schicksal hadernde Kanbei Magomura (Go Kato), der sich mit Ogami im Zweikampf messen will, um ehrenhaft den Tod zu finden. Doch der einsame Wolf erklärt das Duell für unentschieden. Erst am Ende, wenn Ogami dem ruchlosen Provinzverwalter Genba (Isao Yamagata) samt einer Hundertschaft Kämpfer gegenübergetreten ist, soll sich Kanbeis Wunsch erfüllen. Zuvor aber geraten Ogami und der kleine Daigoro, der mehr und mehr eine eigene Identität entwickelt, an die besonnene Schwertkämpferin Torizo (Yuko Hamada).
Die ist auf der Suche nach einer von den beiden versteckten Frau, die den Mann, der sie rechtmäßig gekauft hat, bei einem Vergewaltigungsversuch im Affekt tötete. Die verbale Konfrontation zwischen Torizo und dem störrischen Ogami ist von schleichender Spannung geprägt und in Fotografie und Schnitt ein Höhepunkt der gesamten Serie. Anstelle der von ihm beschützten Frau lässt Ogami eine (beim US-Geheimdienst auch heute noch sehr populäre) Wasserfolter über sich ergehen und wird schließlich Torizos einarmigem Vater vorgeführt, der ihn mit der eigenen Vergangenheit als Kaishakunin konfrontiert. Für ihn soll Ogami den verräterischen Genba ermorden.
Mit elegischem Erzählrhythmus und beiläufiger Gewalt schafft Regisseur Kenji Misumi eine meisterliche Ambivalenz. Allein Daigoros Observierung der Insektenwelt im Regen stellt in ihrer schier lyrischen Anmut einen Moment seltener Entspannung dar. So zurückhaltend der Schwerteinsatz bis dahin gezeigt wurde, so orgiastisch gibt sich das finale Scharmützel mit Genbas Getreuen. In bester Italo-Western-Manier enthüllt Daigoros Kinderwagen Gewehrläufe und Ogami sprengt seine Gegner mit Dynamit in Stücke. Der Kontrast zum nachdenklichen Vorlauf könnte kaum größer sein. Erst recht nicht, wenn die Kamera am Ende die Perspektive eines abgeschlagenen Kopfes einnimmt. Zwischen meditativer Ruhe und Blutfontänen wird „Der Wind des Todes“ damit zum anspruchsvollsten „Okami“-Film.
Wertung: (9 / 10)