Not On Tour – Growing Pains (2019, SBÄM Records)

17 Songs. 23 Minuten. Kann es für eingefleischte Punk-Rocker Schöneres geben? Vielleicht. Das heißt: unmöglich! Denn NOT ON TOUR beweisen auch mit ihrem neuesten Streich, „Growing Pains“, dass Qualität keine Frage von Länge ist. Wohl aber eine von Dauer, drängt sich der Vierer aus Tel Aviv auch mit Album Nummer vier regelrecht für die konstante Rotation auf. Dabei muss jedoch eines vorweggeschickt werden: Vom bereits nahe am Suchtmittel rangierenden Vorgänger „Bad Habits“ hebt sich die Scheibe bestenfalls im Detail ab. Mehr als straight nach vorn gepeitschter Punk mit Melodie und Singalongs sollte also nicht erwartet werden.

Dieser Aspekt wertet „Growing Pains“ aber mitnichten ab. Das unterstreicht bereits der Party-Knaller (und 48-Sekunden-Opener) „Daddy“, der die Vaterschaft von Gitarrist Mati zum Anlass nimmt, den Nachwuchs auf den Lebensstil des Erzeugers einzuschwören. Neben persönlichen, gern mit Augenzwinkern gereichten Themen geht es aber auch wieder kritisch zu: Tierquälerei („Cute“), Religion („Witch Hunt“) oder Kriegstreiberei („Call It Freedom“) bilden dabei lediglich ausgesuchte Problemfelder, an denen sich NOT ON TOUR abarbeiten. Dabei fällt schnell auf, dass der Tenor selbst bei schwereren Inhalten nahezu durchweg auf Leichtfüßigkeit setzt. Da liegt der (marginale) Unterschied zu früheren Outputs der Israelis.

Der bislang noch regelmäßig die Oberhand gewinnende Hardcore-Anteil blitzt nur noch peripher auf, stattdessen stoßen die aufgrund seichter Dissonanzen punktiert an ALL erinnernden Melodien bis in poppige Gefilde vor. Den gewaltigen Unterhaltungswert sichert neuerlich Frontfrau Sima ab, die konstant mit Gefühl, Wucht und Verve agiert und schlicht zu den aktuell besten weiblichen Genre-Stimmen gezählt werden muss. Obendrein ist die Hit-Dichte mit Nummern des Kalibers „Lost and Found“, dem selbstreferenziellen „N.O.T. Funny“, „Therapy“, „Run For It“ oder „Outta My Head“ angemessen hoch. Eine ungemein sympathische Platte, die auch ohne gesteigerten Anspruch bleibende Eindrücke hinterlässt.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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