Christopher Lambert hat es nicht leicht. Nach seinem internationalen Durchbruch als „Highlander“ mangelte es dem Amerikaner französischer Herkunft zwar nicht an Rollenangeboten, wohl aber an Engagements, die seinem Talent entsprechen konnten. Filmen wie „Der Sizilianer“ oder „Max und Jeremie“ standen bereits in den Neunzigern billige Machwerke wie „Ultimate Chase“ oder „Mortal Kombat“ gegenüber. Einen seiner besseren Auftritte absolvierte Lambert im philosophisch angehauchten Science-Fiction-Thriller „Nirvana“.
Darin lässt Autor und Regisseur Gabriele Salvatores, der für „Mediterraneo“ 1992 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film erhielt, die Grenzen zwischen Realität und virtueller Welt verschwimmen. Kurz vor dem Weihnachtsfest des Jahres 2005 soll Game-Designer Jimi (Lambert) sein neuestes Werk liefern. Doch er zweifelt, schließlich entwicklete Solo (agierte unter Salvatores auch in besagtem „Mediterraneo“: Diego Abantantuono), die Hauptfigur des Spiels Nirvana, nach dem Befall durch ein Computervirus ein eigenes Bewusstsein.
Jimi verspricht Solo ihn und seinen virtuellen Lebensraum zu löschen. Dafür muss er jedoch in den Rechner seines Auftraggebers eindringen. Es verschlägt ihn nach Marrakesch, wo er seine alte Liebe Lisa (Polanski-Gattin Emmanuelle Seigner, „Bitter Moon“) zu finden hofft und sich mit Hacker Joystick (Sergio Rubini, „Maria, ihm schmeckt’s nicht!“) zusammenschließt. Was folgt sind existenzialistische Fragen des Cyberspace-Sujets. Ist die Welt, in der wir uns bewegen real? Das Spiel mit Wahrnehmung und automatisierten Lebensläufen fesselt vom Fleck weg und verortet sich durch eine ausgeprägte Zitierfreude zwischen „Blade Runner“, „Strange Days“ und „eXistenZ“.
Die visuelle Ästhetik wird durch die Mittelmäßigkeit der Effekte zwar in ihrer Wirkung gebremst, wichtiger als die Schauwerte scheint Salvatores aber der Subtext seines Films. Auch Schauspielerisch bleibt der ambitionierte, mit religiösen Symbolen und Verweisen angereicherte Sinnfragekomplex durchwachsen. Genrefreunde sollte das ungewöhnliche Werk dennoch zufrieden stellen, weil es sich abseits des typischen Hollywood-Blockbusters nicht scheut die versponnene Geschichte bis zum abrupten Schlusspunkt immer weiter zu verknoten. Ist das nun Parallelwelt, Traum oder Erinnerungsfragment? Die Antwort liegt in der aufmerksamen Rezeption verborgen – und macht die mehrmalige Beschäftigung mit „Nirvana“ zweifelsfrei erforderlich.
Wertung: (6,5 / 10)