
Die unerwünschte Generalüberholung eines Klassikers
Wie kann man einen Horror-Meilenstein verschandeln? Beispielsweise, indem man ihn um stümperhaft nachgedrehte Szenen und einen tranigen Score erweitert. Das Erstaunliche bei der „30th Anniversary Edition“ von George A. Romeros Zombie-Blaupause „Night of the Living Dead“ (1968) ist, dass diesmal nicht Außenstehende für das überflüssige Ergänzungsmaterial verantwortlich sind, sondern insbesondere der unmittelbar an der Entstehung des Originals beteiligte John A. Russo, der mit Romero das Drehbuch geschrieben hatte und der in der von Anchor Bay unterstützten Alternativfassung als Regisseur, Autor und Cutter gelistet ist.
Seinen Anteil – als Produzent, Kameramann und Cutter – hatte auch der erste Zombie des Originals: S. William „Bill“ Hinzman, der dem Thema als Regisseur später mit „Zombie Nosh“ (1988) die Treue halten sollte. Beim inoffiziellen Billig-Sequel, „Children of the Living Dead“ (2001), trat er ebenfalls als Kameramann in Erscheinung. Das Warum der Jubiläumsausgabe lässt sich damit erklären, dass „Night of the Living Dead“ durch einen folgenschweren Fehler ohne Copyright-Vermerk auf der Titelkarte versehen wurde und damit unverzüglich Teil der Public Domain wurde. Da interessierte Parteien den Film fortan ohne Erlaubnis der Werkschöpfer aufführen und verbreiten durften, ging der finanzielle Erfolg an Romero, Russo und Co-Schöpfer Russell Streiner vorüber.
Und da auch das von ihnen initiierte gleichnamige Remake von 1990 keinen nennenswerten Gewinn erwirtschaftete, folgte eben neun Jahre später die unsägliche alternative Variante. Die behält den grundlegenden Plot in gekürzter Form bei, wenn Johnny (gespielt von Streiner) mit Schwester Barbara (Judith O’Dea, „Safe Inside“) auf dem ruralen Friedhof von Hinzmans übergriffigem wandelnden Leichnam angegangen werden. Dabei kommt Johnny ums Leben und Barbara flüchtet in ein verlassenes Haus in der Nähe. Dort findet sich bald auch Ben (Duane Jones, „Ganja & Hess“), der das Gebäude vor der größer werdenden Zombie-Horde verrammelt und sich in Diskussionen mit dem im Keller versteckten Harry (bei den Erweiterungsszenen am Make-Up beteiligt: Karl Hardman, „Santa Claws“) über das optimale Vorgehen verstrickt.
„Night of the Living Dead“ ist ein bis heute ungemein effektiver Low-Budget-Schocker. Die Schwarz-Weiß-Inszenierung, der eng mit der Besetzung des Afroamerikaners Jones verwobene gesellschaftliche und politische Interpretationskosmos sowie nicht zuletzt das radikale Finale prägen die intensive Wirkweise. Eine abgewandelte Fassung hätte es da keineswegs gebraucht. Russo, der mit Streiner auch die ironische Themenvariante „Return of the Living Dead“ (1985) co-verfasst hatte, schuf sie trotzdem. Die herausgekürzten Szenen ersetzte er u. a. durch einen Prolog, bei dem vor dem stilbildenden Friedhofseinstieg die Vorgeschichte von Hinzmanns Zombie ergänzt wird. Der ist nämlich ein hingerichteter Kindsmörder, der im Beisein des Geistlichen Hicks (unbeschreiblich hölzern: Scott Vladimir Licina) bestattet werden soll, darüber aber lieber seinem Sarg entsteigt und letztlich Johnny anfällt.
Um den von der Untotenschar ausgehenden Schrecken zu unterstreichen, wurden im Mittelteil Szenen der sich zusammenrottenden Zombies eingefügt; teils mit drastischeren Make-Ups und fehlenden Gliedmaßen. Auch die kannibalistische Fressattacke auf die bei der Autoexplosion getöteten Tom (Keith Wayne) und Judy (Judith Ridley) wurde um ein bisschen zusätzliches Gedärmewühlen ergänzt. Nach Bens tragischem Tod durch die anrückende Landbevölkerung zeigt Russo noch, wie Hicks vom untoten Kindsmörder gebissen wird, sich in der Folge aber nicht selbst in einen hungrigen Ghoul verwandelt. Das führt ein Jahr später zu einem Interview mit Darlene (Debbie Rochon, „Tromeo and Juliet“), das abseits des wenig ersprießlichen Erlöservortrags des ständig unter Beobachtung stehenden Hicks aber lediglich die Anti-Klimax mitschwingen lässt, dass die Zombie-Apokalypse – anders als in Romeros Folgewerken – dann doch ausgeblieben ist. Danke für nichts!
Wertung:
(3 / 10)
