My Sassy Girl (ROK 2001)

my-sassy-girlMit „My Sassy Girl“ legte Jae-yong Kwak  („Autumn Journey“) kurz nach der Jahrtausendwende die bewegende Liebeserklärung eines Waschlappens vor. Der hört auf den Namen Kyun-woo (Tae-hyeon Cha, „Windstruck“), ist Student, Ich-Erzähler und notorisches Weichei. Für die vorlaute Art verdrischt ihn die Mutter mit dem Staubsaugerrohr oder dem Besen. Gegenwehr leistet er nicht. Es wäre wohl respektlos. Und so verhält es sich ähnlich, als er in einer namenlosen Schönheit (Ji-hyeon Jeon, „Blood: The Last Vampire“) seine alptraumhafte Traumfrau findet.

Ungewöhnlich ist bereits das Kennenlernen: In der U-Bahn kotzt sie sturzbetrunken einen Fahrgast voll, der ihn daraufhin nötigt, sich ihrer anzunehmen. Auf dem Rücken trägt er die komatöse Zufallsbekanntschaft in ein Hotel, was ihm prompt eine Verhaftung wegen versuchten Missbrauchs einbringt. Mit Aufklärung des delikaten Missverständnisses kommen sich die beiden näher und werden schließlich Freunde. Für Duckmäuser Kyun-woo eine beizeiten schmerzvolle Erfahrung. Die aufbrausende Gefährtin nämlich honoriert Ungehorsam mit Backpfeifen, fällt in unberechenbarer Cholerik über Wildfremde her und kontrolliert ihn nach Belieben. Hinter der toughen Fassade der süßen Furie verbirgt sich jedoch ein sensibler und aufgewühlter Charakter.

Mit Einblicken in ihr Seelenleben hält sich Jae-yong, der nach dem Roman von Ho-sik Kim auch das Drehbuch verfasste, zurück und offenbart ihre Seelenpein nur zögerlich. Die mit rund 135 Minuten etwas ausufernd geratene Tragikomödie zeigt die zaghafte emotionale Näherung auf bittersüße und zugleich skurrile Weise. Nebenbei gestattet der Regisseur Einblicke in Südkoreas Gesellschaft, zeigt dysfunktionale Elternhäuser und grundlegende Prüderie. Episodenhaft entspinnt sich die Geschichte, angetrieben von Kyun-woos Off-Erzählungen. Als ungewisser Rahmen fungiert eine Zeitkapsel mit persönlichen Briefen, die die beiden unter einem einsamen Baum auf dem Lande vergraben haben.

Zwei Jahre später wollen sie sich, gereift und ihren Gefühlen gewahr, am selben Punkt wiedersehen. Nur taucht „Miss Unerhört“, wie der Film im Deutschen auch betitelt wurde, nicht auf. In die rückblickende Aufarbeitung investiert Jae-yong bisweilen zu viel Zeit, was unstimmige Eskapaden wie die Geiselnahme im nächtlichen Vergnügungspark unterstreichen. Von kleinen Makeln abgesehen offenbart „My Sassy Girl“ aber genug Charme, um die emotionalen Irrungen bis zum wahrhaft zauberhaften Finale an die empathischen Empfindungen des Zuschauers zu ketten. Darstellerisch dominiert die liebenswerte Ji-hyeon Jeon das Geschehen, wohingegen der leicht blasse Tae-hyeon Cha nur abfallen kann. Eine insgesamt unauffällig inszenierte und nicht vollends überzeugende, dafür aber ebenso rührende wie unterhaltsame Romanze.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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