Thailands erblühende Filmindustrie bedient sich nicht länger nur der schlichten Ästhetik akrobatischer Körper und berstender Knochen, sondern imitiert auch die Überdramatisierung amerikanischer Produktionen. Kongkiat Khomsiris „Muay Thai Chaiya“ tritt den Beweis an, dass Südasiens Kino nicht nur die Choreographie beinharter Fightsequenzen beherrscht, sondern auch in Pathos badende Bilder und überlebensgroße Gefühle im Strudel eines bemüht authentischen Überlebenskampfes vorweisen kann. Die Inszenierung erreicht damit locker internationales Format. Leider gilt für die Klischees dasselbe.
Es geht um die Jugendfreunde Phao (Thawatchai Phanpakdee), Piak (Akara Amarttayakul) und Samor (Sonthaya Chitmanee), die Vater und Bruder des Erstgenannten von der idyllischen Provinz in die schlaflose Metropole Bangkok folgen. Dort zerbricht der Traum von ewiger Loyalität und der gemeinsamen Karriere im Kampfsport in einem Strudel aus Verrat und Mord. Im Gegensatz zu Phao kann sich Piak im offiziellen Kräftemessen nicht durchsetzen, worauf er mit Samor in die Kriminalität driftet. Erst sind es illegale Schaukämpfe, wenig später bereits für Geld erledigte Auftragsmorde. Bis auch Phao, der sich in Piaks Frau verliebt, auf der Abschussliste landet.
Khomsiris („Art of the Devil 2“) ambitioniertes Action-Drama geht nicht den Weg des bloßen Prügelfilms, bei dem eine möglichst spektakuläre Artistik im Mittelpunkt steht, sondern konzentriert sich primär auf die Figuren und ihre Entwicklung. Im Aufbau erinnert das an John Woos „Bullet in the Head“, der sich seinerseits eng an US-Halbweltballaden wie „Hexenkessel“ orientierte. Die eingeschobenen Kämpfe und die Gewalt werden zur Beiläufigkeit, einem integralen Bestandteil des vorgegaukelten Lebensrhythmus. Entsprechend hart und ungeschönt wirkt der Einsatz der trainierten Körper.
Doch „Muay Thai Chaiya“ will als Symbiose aus Martial-Arts, Liebes-Drama und Gangster-Thriller ein großes Ganzes abbilden, das auf verschiedenen Ebenen Anspruch und Unterhaltung verknüpft. Dem entgegen wirkt jedoch die Überfrachtung der Geschichte, die als Mosaik der Entbehrung einfach zu viele Schicksalsschläge auffährt und sich neben der nüchternen Tragik auch vollmundig des Pathos bedient. Diese Diskrepanz schafft im blutigen Chaos der Emotionen Ratlosigkeit, mehr noch Unverständnis. Weniger wäre damit auch in diesem Falle einfach mehr gewesen.
Wertung: (6 / 10)