Mr Selfridge (Series 1) (GB 2013)

mr-selfridge-series-1Die Kaufhauskette Selfridges gilt als Wegbereiter moderner Einzelhandelsphilosophie. Die berühmte Zweigstelle in der Londoner Oxford Street ist das zweitgrößte Geschäft Englands und zieht jährlich Millionen Besucher aus aller Welt an. Gegründet wurde es vom Amerikaner Harry Gordon Selfridge, der Anfang des 20. Jahrhunderts in die alte Welt zog, um ein Kaufhaus für jedermann zu errichten. Ihm hat Andrew Davies (Autor der „Bridget Jones“-Filme) die TV-Serie „Mr Selfridge“ gewidmet, die sich auf Lindy Woodheads Buch „Shopping, Seduction and Mr. Selfridge“ beruft und im Stile von „Downton Abbey“ Kostüm-Drama mit Zeitgeistportrait mischt.

Jener Harry Gordon Selfridge wird von Jeremy Piven („Entourage“) mit großer Hingabe und üppig präsentierten Zahnreihen gespielt. Denn der visionäre Unternehmer grinst gern und viel. Das erweckt anfangs den Eindruck erhöhter Naivität und lässt die zehnteilige erste Staffel in den ersten Episoden arg oberflächlich erscheinen. Doch die Reihe hat mehr zu bieten. Dafür aber muss das einnehmende Lachen Selfridges zunehmend gekünstelt wirken und einem sorgenvollen Blick Platz machen, der erst aufgelegt wird, sobald sich die Türen hinter dem ambitionierten Unternehmer geschlossen haben.

Der Auftakt zeigt den vermögenden Selfridge bei der Investorensuche. Im vornehmlich prüden England stößt der freigeistige Amerikaner auf Skepsis. Denn die Menschen sind es nicht gewohnt, eine Vielzahl an Waren in nur einem Geschäft zu kaufen – und dazu noch ohne Geschlechtertrennung. Geld investiert er trotzdem. Lange vor Eröffnung des Geschäfts in der (noch wenig exklusiven) Oxford Street stellt er leitendes Personal ein und weist dieses an, die Welt zu bereisen und erlesene Waren von hoher Qualität für das Sortiment zu beschaffen.

Auch stellt er die wegen ihm gefeuerte Agnes Towler (Aisling Loftus, „Am Ende eines viel zu kurzen Tages“) an, die sich – ähnlich Elizabeth Moss in „Mad Men“ – für höhere Aufgaben empfiehlt. Mit Hilfe von Lady Mae Loxley (Katherine Kelly, „Coronation Street“) findet Selfridge einen Investor und zieht das Nobelkaufhaus mit großem Tamtam und nicht minder beeindruckendem Erfolg auf. Bemerkenswert ist sein Geschick in Marketing-Belangen, gewinnt Selfridge doch lauter Prominente für Werbeaktionen. Showtänzerin Ellen Love (Zoë Tapper, „Demons“) gewinnt er als Gesicht von Selfridges. Dass die junge Frau auch seine Geliebte wird, bedeutet bald Probleme.

Rose (Frances O’Connor, „The Hunter“), die geduldige Gattin des Unternehmens, erträgt seine Seitensprünge mit Fassung und kümmert sich um die Erziehung der vier gemeinsamen Kinder. Als sie dem aufstrebenden Maler Roddy Temple (Oliver Jackson-Cohen, „Dracula“) näher kommt, wird die Familie nachhaltig vor eine Zerreißprobe gestellt. Was „Mr Selfridge“ auszeichnet, sind die sorgfältigen Charakterentwicklungen. Sei es der steife Buchhalter Mr. Crabb (Ron Cook, „Hot Fuzz“) oder die in heimlicher Liaison vereinten Abteilungsleiter Mr. Grove (Tom Goodman-Hill, „Ideal“) und Miss Mardle (Amanda Abbington, „Sherlock“), die Macher nehmen sich Zeit für Einzelschicksale und rücken diese in einen Geschlechter- und Gesellschaftskontext.

Eine größere Rolle nimmt auch Victor Colleano (Trystan Gravelle, „Anonymus“) ein, der im Kaufhaus-Restaurant als Kellner arbeitet und vom eigenen Geschäft träumt. Er hegt Gefühle für Agnes, die sich aber auf Art Designer Henri Leclair (Grégory Fitoussi, „World War Z“) einlässt, während er im Bett von Lady Loxley landet. An die Qualität von „Downton Abbey“ reicht das im ersten Anlauf (noch) nicht heran. Doch die Ausstattung ist überwältigend, das Ensemble um den überragenden Jeremy Piven spielstark und die dramatische Zuspitzung bürgt zumindest in der zweiten Staffelhälfte für spannungssteigernde Konflikte. Zwei weitere Staffeln sind bereits abgedreht. Erfolgsverwöhnt ist „Mr Selfridge“ also auch im Fernsehen.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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