Man kann Filmbiografien nach klassischem Muster aufziehen und die zu portraitierende Person chronologisch durch die verschiedenen Stationen eines bewegten Lebens hetzen. Aber das kann entrückt wirken, im ärgsten Falle gar Teilnahmslosigkeit wecken. Eine andere Möglichkeit ist die Marc Forsters, der „Wenn Träume fliegen lernen“, seine Charakterskizze des „Peter Pan“-Autoren James M. Barrie, als märchenhaftes Drama aufzog. Die Unnahbarkeit der zeitgeschichtlichen Gestalt schwand, zurück blieb, was Kino außergewöhnlich macht. Der Zauber.
Einen ähnlichen Weg geht auch Chris Noonan („Ein Schweinchen namens Babe“), der sich in „Miss Potter“ der populären britischen Kinderbuchautorin Beatrix Potter zuwendet. Sein Film ist mehr ein Extrakt ihres Lebens, das sich mit träumerischen Zügen lange vor der dramaturgischen Bürde der Realität sträubt. In der Hauptrolle überzeugt Renée Zellweger, die anfangs wirkt, als spule sie neuerlich ihre Oscar-nominierte Performance aus „Bridget Jones“ ab. Nur eben im London des noch frischen 20. Jahrhunderts. Die Eroberung ihres Herzens gebührt dabei, zum zweiten Mal nach „Down With Love“, Ewan McGregor.
Als dritter Spross einer Buchverlegerfamilie ist es an dem von ihm gespielten Norman Warne, den grandiosen Erfolg der trotzköpfigen Künstlerin einzuleiten. Von den wohlhabenden Eltern wird ihre Passion, Kindergeschichten durch detailverliebte Illustrationen zu bereichern, nur müde belächelt. Sie solle sich lieber einen adligen Mann suchen und das Schicksal der gelangweilten High Society-Damenwelt teilen. Aber das geht Beatrix gehörig gegen den Strich. In Normans ebenfalls lediger Schwester Millie (Emily Watson, „Punch Drunk Love“) findet sie eine geistesverwandte Freundin.
Der Erfolg kommt unverhofft, dafür aber umso gewaltiger. In der Hauptsache folgt die Erzählung Beatrix und Norman, wie sie sich umgarnen und letztlich ihre Liebe gestehen. Bis zu diesem Zeitpunkt ist „Miss Potter“ nahezu keimfrei. Es gibt seichten Humor, sympathische Figuren und ein behütetes soziales Umfeld. Alles, nur keine echten Konflikte. Eine charmante Leichtfüßigkeit liegt über dem mit Aufwand ausgestatteten Film, was sich ändert, als die frisch Verliebten den Bund fürs Leben schließen wollen. Die Eltern raten zur Bedenkzeit, während der Beatrix von einem Schicksalsschlag aus der Bahn geworfen wird.
Erst in Hälfte zwei schlägt Noonan jene tragischen Töne an, die mit solch einem Filmwerk für gewöhnlich einher gehen. Zwiespalte machen die dargestellten Persönlichkeiten interessant. Beatrix Potter bleibt von solchen weitgehend befreit. Dass ihre Geschichte dennoch berührt, liegt am Zusammenspiel von Inszenierung und Darstellern. Mal wird in kurzen Rückblenden in ihre Kindheit geschweift oder ihr Werk über kleine Animationen zum Leben erweckt. Ganz ausgewogen ist die flüchtige Schilderung ihres Lebensabschnitts nicht. Aber sie bleibt schwerelos genug, um für den Augenblick aus der eigenen Wirklichkeit auszubrechen.
Wertung: (6,5 / 10)