Minority Report (USA 2002)

minority-reportDie Erwartungen an Regisseur Steven Spielberg und sein jüngstes Projekt „Minority Report“ hätten größer wohl nicht sein können. Das liegt einerseits an einem gewissen Zugzwang, mit dem sich Spielberg nach der enttäuschenden Sci-Fi-Mär „A.I.“ zweifelsohne konfrontiert sehen musste. Andererseits ist da die erste Zusammenarbeit mit Super-Star Tom Cruise, der die Vorfreude bei Publikum und Kritikern im Vorfeld gleichermaßen befeuerte. Dass es den Oscar-gekrönten Regisseur erneut in Gefilde utopischer Zukunftsphantasien verschlägt, sollte dabei nicht stören.

Mehr vielleicht schon, dass der Film im Vorfeld bereits als „Meisterwerk“ gepriesen wurde, quasi ausgesandt, der „Blade Runner“ des neuen Jahrhunderts zu werden. Doch seien wir ehrlich, ernsthafte Konkurrenz muss Ridley Scotts wegweisender Klassiker nicht fürchten, daran wird auch Hollywood-Titan Spielberg nichts ändern. Doch hat der für seine Realisierungen diverser Kindheitsfantasien zu Weltruhm gelangte Filmemacher dieser Bürde zum Trotz ein beeindruckendes Stück Kinounterhaltung geschaffen, das nicht zuletzt durch das gemeinsame Wirken mit Hauptdarsteller Cruise reibungslos funktioniert.

Geschrieben wird das Jahr 2054, offenbart wird das Bild einer fast perfekten Gesellschaft. In der sind Mord und Totschlag beinahe ausgemerzt. Die Ursache liegt in der revolutionären „PreCrime“-Technologie, bei der Verbrechen vereitelt werden, bevor sie geschehen und sich angehende Mörder der Justiz ausgesetzt sehen, bevor sie jene unrühmlichen Taten überhaupt begangen haben. Ermöglicht werden solch frühzeitige Zugriffe durch hellseherisch veranlagte Medien, sogenannten „Pre-Cogs“. PreCrime-Cop John Anderton (Tom Cruise) zählt zu den besten seiner Zunft. Abseits des Berufslebens, bedingt durch den Tod seines Sohnes und der daraus resultierenden Scheidung von seiner Frau, ist er jedoch zu einem pillenschluckenden Wrack verkommen.

Seine Einstellung zu Beruf und System erfährt eine klare Richtungsänderung, als das Orakel seinen eigenen Namen ausspuckt und ihn somit auf die Abschussliste seiner ehemaligen Kollegen setzt. Von diesem Punkt an wird der Jäger selbst zum Gejagten. Einzig ein Minority Report, gespeicherte Unstimmigkeit in den Vorsehungen der Pre-Cogs, scheint Andertons Unschuld beweisen zu können. Doch die Zeit bis zum vermeintlichen Mord verrinnt unaufhaltsam und auch die Entführung von Medium Agatha (Samantha Morton), Trägerin des besagten Minority Report, aus dem PreCrime-Hauptquartier gestaltet sich alles andere als unproblematisch.

Basierend auf einer Kurzgeschichte von „Blade Runner“-Autor Philip K. Dick nimmt Steven Spielberg den Zuschauer mit auf einen knapp zweieinhalbstündigen Trip in die Fänge eines totalitären Systems. Die plausible Darstellung lässt das Szenario in Teilen gar nicht so weit von gegenwärtigen Begebenheiten entfernt rangieren. In erlesenen Bildern, erneut eingefangen durch Spielbergs Oscar-prämierten Stammkameramann Janusz Kaminski („Der Soldat James Ryan“), und ausgestattet mit imposanten Effekten zieht die Geschichte gemächlich am Betrachter vorüber. Dabei verzichtet der erfolgsverwöhnte Regisseur auf eine Überfrachtung an Special-Effects und lässt sich die Fäden von der perfekten Technik nicht aus der Hand nehmen.

Dass sich die Story als dezent alter Hut entpuppt und Anleihen, u.a. bei Stanley Kubricks „Clockwork Orange“, „Blade Runner“ oder „Auf der Flucht“, nur zu offenkundig sind, stört angesichts der dichten Atmosphäre nicht weiter. Jene begründet sich auf die opulente Ausstattung, Spielbergs schwelgerischen Hang zur Detailverliebtheit sowie manch skurrilen Einfall, etwa Tom Cruises Jagd auf seine chirurgisch entfernten Augen durch das halbdunkel eines abschüssigen Ganges. Gelegentlich jedoch wird der Ideenreichtum auf die Spitze getrieben und immer, wenn in solchen Passagen das große Kind in Spielberg herausbricht, scheint „Minority Report“ ins Stocken zu geraten.

Den Höhepunkt in Sachen Atmosphäre und Spannung bildet schließlich das Aufeinandertreffen von Anderton und seinem potentiellen Opfer. Dass die darauf folgende letzte halbe Stunde mehr oder weniger dahinplätschert und die finale Auflösung reichlich konstruiert und vorhersehbar erscheint, trübt das positive Gesamtbild aber nur bedingt. Die routinierten Darsteller um Zugpferd Tom Cruise („Mission: Impossible“) geben sich keine Blöße, wenn Max von Sydow („Der Exorzist“) oder Shooting-Star Colin Farrell („Tigerland“) auch mehr gewohnte Standarten bedienen. Samantha Morton („Sweet and Lowdown“) überzeugt hingegen als kahlrasiertes Medium und setzt mit Peter Stormare („Fargo“) als abgewracktem Chirurg die meisten Akzente.

Mit von der Partie sind auch Patrick Kilpatrick („The Replacement Killers”), Neal McDonough („Timeline“) und Arye Gross („House 2”), für die nicht durchweg stimmige orchestrale Untermalung konnte Hollywood-Legende und Oscar-Preisträger John Williams („Star Wars“) gewonnen werden. Steven Spielberg („Jurassic Park“) hat im Laufe seiner bald drei Jahrzehnte währenden Karriere Blockbuster und Kinohits für mehrere Leben auf die Leinwand gebannt. Auch „Minority Report“ fügt sich mit einem Einspielergebnis von mehr als 130 Millionen Dollar allein in den USA nahtlos ins Gefüge ertragreicher Kinohits ein. Ein Zukunftsszenario voller Action und Atmosphäre, optisch perfekt gestylt, aber letztlich doch weit entfernt davon, als Meisterwerk in die Geschichte einzugehen.

Wertung: 7 out of 10 stars (7 / 10)

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