Michel Vaillant (F 2003)

michel-vaillantSeit über 50 Jahren begeistern die gezeichneten Abenteuer des Rennprofis Michel Vaillant Comicfreunde auch außerhalb des franko-belgischen Raums, wo die Figur 1957 vom Autor und Zeichner Jean Graton geschaffen wurde. Zum 10-jährigen Jubiläum der Reihe spendierte man ihr eine 13-teilige TV-Serie, die es sogar ins deutsche Fernsehen schaffte. Es mussten daraufhin 20 Jahre vergehen, bis man Michel in der medialen Welt wieder zu Gesicht bekam, und das ausgerechnet in einer amerikanischen (quel honte!) Zeichentrickserie.

Noch mehr Monde vergingen, man befand sich schon im Jahre 2003, als eine lang erwartete Realverfilmung beschlossene Sache war. Und wenn im Lande des Baguette und des Vin Rouge ein Film gedreht werden soll, in dem es auch nur nach Action anmutet, dann muss auch Luc „Das fünfte Element“ Besson seine Finger im Spiel haben. Lose basierend auf dem 67. Band der Valliant Saga hat m´sieur Besson ein Drehbüchlein verfasst, in dem es um mit Mordstempo betriebene Boliden geht, die in trés chic eingefangenen Bildern und in Kombination mit Hip-Hop-untermalten Klängen jedem den Frostschutz im Munde zusammenlaufen lässt, der sich über etwaige neue Teile der „Taxi“- oder „Transporter“-Reihe freut.

Einen Brocken Story gibt es in Louis-Pascal Couvelaires („Sweat“) Film tatschlich auch: Michel Vaillant (Sagamore Stéveni) gewinnt mit dem familieneigenen Rennteam der Vaillant-Werke so ziemlich jedes Rennen, das irgendwo gefahren wird. Natürlich ist die Konkurrenz darüber nicht unbedingt erfreut, am wenigsten der seit Äonen mit den Vaillants verfeindete Clan der Leader. Bei einer pompösen Pressekonferenz im Vorfeld des großen 24-Stunden-Rennens von Le Mans kündigt das rivalisierende Team unter der Führung von Ruth Wong (Lisa Barbuscia), der Tochter des Teamgründers, ihre Teilnehme an.

Dass Madame Wong jedes Mittel recht ist, wird bereits durch den Umstand unverkennbar, dass sie die Lkw, mit denen die Rennwagen des Vaillant Teams transportiert werden, sabotiert. Als Michel und seine phantastischen Freunde es aber dennoch schaffen, pünktlich zum Rennen auf der Piste aufzukreuzen, lässt Ruth Wong den Seniorchef und Michels Vater Henri Vaillant entführen, um ihn damit zur Aufgabe zu zwingen. Wird Michel Vaillant seinen Vater rechtzeitig aus den Klauen des Bösen befreien, das Rennen gewinnen und das Universum retten?

Glänzende saubere Autos preschen dahin, nicht selten im farbenfrohen Sonnenuntergang, auf scheinbar absolut dellenlosen Straßen. Nicht minder antiseptisch aussehende Menschen sitzen hinter dem Steuer, die auch nach stundenlanger hektischer Herumfahrerei immer frisch und ausgeruht aussehen. Und die Frisur sitzt auch stets. Dass diese Menschen Figuren aus einem Comic darstellen sollen, die aber diesen in keinster Weise ähneln, akzeptiert man nach einer Weile. Dadurch aber, dass sich irgendwie viele von ihnen in ihrer Gelacktheit ziemlich ähnlich sehen, besonders im Vaillant Team, kommt man sich wie in einem asiatischen Film ohne Asiaten vor.

Ebenso nervig ist die absolut klar gezogene Linie zwischen Gut und Böse. Natürlich braucht ein Actionfilm, besonders einer, der einen Helden im Titel hat, glaubwürdige und interessante Kontrahenten. Doch müssen diese immer böse sein weil sie eben böse sein müssen? Neid, wie im Falle der Leaders ist keineswegs ein Argument für ihre Boshaftigkeit. Auf der anderen Seite haben wir einen durch und durch auf positiv getrimmten Michel Vaillant, der so knorke ist, dass er sich sogar mitten in einem Rennen etwa mit einem Weisen mitten auf dem Eis über das Wetter und dessen Rolle bei einem Rennen unterhält. Bildhaft vorbeiziehende Wolken, zu denen der moderne edle Ritter dabei großmütig aufblickt, geben der Szenerie eine weitere heldenhafte Note. Wer so viel Zeit für Randgruppen und beinahe Spirituelles hat, muss fast schon was Engelhaftes an sich haben.

Dass so viel Güte aber wohl auch etwas geistige Enge mit sich bringen kann, beweist Michel bei der Aktion am Tag vor dem Le Mans-Rennen, bei der er sich mit vollem Tempo über die Rennstrecke pirscht und sich dabei von Kollegin Julie Wood (tatsächlich Diane Kruger, „Troja“) die Augen zuhalten lässt. Wow, was ist der Michel ein Teufelskerl! Wer sich nicht als Fan der Comicreihe schimpft, kann sich über die Verwurstung seiner Lieblingslektüre nur ärgern. Wer sich allerdings als Fan von Hirnschmelzern wie den bereits erwähnten „Transporter“- und „Taxi“-Filmchen outet oder die unsägliche „Fast & Furios“-Reihe vergöttert, wird auch mit „Michel Vaillant“ einen Heidenspaß haben. Auch ohne zuvor ein Sixpack ausgeleert haben zu müssen.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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