Sam Dunn ist ein 30-jähriger Anthropologe, der seine Abschlussarbeit über Flüchtlinge aus Guatemala geschrieben hat. Doch ein Blick genügt, um festzustellen, dass Sam eigentlich eine andere Volksgruppe studieren sollte. Sam ist schlacksig, hat lange blonde Haare und trägt ausgewaschene schwarze Bandshirts. Sam ist der Archetyp des Metalheads – und nimmt in seiner 90-minütigen Doku „Metal: A Headbanger’s Journey“ die eigene Spezies durchaus kritisch unter die Augen.
Flankiert von Soziologen, Kulturwissenschaftlern und natürlich Großmeistern der Schwermetalszene beleuchtet Dunn die unterschiedlichen Aspekte dieser als Jugendkultur entstandenen Bewegung. Dabei klammert er die umstrittenen Seiten wie das Geschlechterverhältnis, Satanismusvorwürfe oder Gewaltverherrlichung keinesfalls aus, bezieht aber klar Stellung gegen alle Vorwürfe, die Metal in eine jugendgefährdende Ecke stellen wollen. „Metal“ ist aber kein reiner Verteidigungsfeldzug. Dunn beschwört vor allem auch die Eigenheiten der Szene – das zelebrierte Außenseitertum und gleichzeitig das intensive Zusammengehörigkeitsgefühl.
Diesen Aspekt bebildert er teils sehr schön, wenn auch manchmal ein bisschen pathetisch. Slowmo-Bilder von Stagedivern auf dem Wacken-Festival mit dem Gitarrensolo aus „Master of Puppets“ zu unterlegen ist schon ein bisschen kitschig, passt aber trotzdem irgendwie. Nebenbei gibt’s noch einen wirklich guten und differenzierten Grundkurs in Metal-Unterkategorien. Sam Dunn sieht eben nicht nur aus wie ein Headbanger, er ist es offensichtlich auch und hat entsprechend Ahnung von der Materie. In einem „School of Rock“-eskem Schaubild werden die unterschiedlichen Klassifizierungen, Beispielbands inklusive, voneinander angegrenzt und den Themen entsprechend vorgestellt. Lernen kann so viel Spaß machen.
Die schönsten Momente verdankt der Film aber den Metalikonen. Gerade Alice Cooper liefert seinen mit Abstand besten Leinwandauftritt seit „Wayne’s World“. Wenn ein ehemaliger Schockrocker die Lachtränen in den Augen erzählt, wie ihn genau die skandinavischen Metalbands, die sich als die allerbösesten ausgeben, demütig um ein Autogramm für ihre Mütter bitten, dann ist das ganz großes Kino. „Metal: A Headbanger’s Journey“ ist die Feier einer großartigen Subkultur, die sich nie allen erschließen wird, das aber auch gar nicht will. Die Doku will Außenstehende gar nicht integrieren, sie unterstreicht vielmehr die Einzigartigkeit, die Metalheads auf der ganzen Welt zusammenhält. Sam Dunn liefert so einen Film ab, der sowohl Zugehörigen wie völlig unbelasteten gefallen dürfte.
Wertung: (7 / 10)