Mathilde – Eine große Liebe (F 2004)

mathilde-eine-grosse-liebeMit „Die fabelhafte Welt der Amelie“ gelang dem französischen Regisseur Jean-Pierre Jeunet der große Wurf und seine bezaubernde Hauptdarstellerin Audrey Tautou wurde zum international gefeierten Star. Rund vier Jahre danach gibt es die zweite Kollaboration der beiden, diesmal jedoch ein wenig trauriger und ernster – schlechter aber beileibe nicht.

In Europa tobt der Erste Weltkrieg und in Frankreich führen die französischen und deutschen Widersacher einen erbitterten Stellungskrieg. Inmitten von Schlamm, Regen und Granateneinschlägen werden fünf verurteilte Soldaten auf französischer Seite ihrem Schicksal übergeben, da sie sich selbst in die Hand schossen und von einem Kriegsgericht dafür zum Tode verurteilt wurden. Einer von ihnen ist der junge Manech (Gaspard Ulliel), den die letzten Jahre des Krieges verändert haben und den nur die unerschütterliche Liebe zu seiner Mathilde (Audrey Tautou) am Leben hält. Diese lernte er bereits in jungen Jahren kennen, nachdem die an Kinderlähmung erkrankte Mathilde zu ihrem Onkel Sylyain (Dominique Pinon) und ihrer Tante Benedicte (Chantal Neuwirth) zog, da beide Elternteile ums Leben kamen.

Wenige Jahre später, der Krieg ist bereits verzogen, will Mathilde noch immer nicht den vermeintlichen Tod von Manech akzeptieren, der damals samt Kameraden zwischen die eigenen und deutschen Gräben geworfen wurde und dort ums Leben gekommen sein soll. Mit dem Geld, das sie von ihren Eltern geerbt hat, macht sich Mathilde nun auf, die Geschehnisse von damals mit Hilfe des Detektives Germain Pire (Ticky Holgado) zu enthüllen. Auf dem beschwerlichen Weg deckt sie etliche Details auf, auch über die anderen dort verschollenen Personen, die sie zwangsläufig auch zu deren Angehörigen und Freunden führt. Doch selbst als sie nach langer Suche vor dem Grab von Manech steht, glaubt sie noch immer nicht an dessen Tod.

Nach seinem kurzen Gastspiel in Hollywood mit dem vierten Teil der „Alien“-Reihe zog es Jeunet wieder zurück in seine Heimat, wo er nach „Amelie“ abermals mit Audrey Tautou und etlichen weiteren des Erfolgsfilms von 2002 arbeitete. Das Rekordbudget von über 50 Millionen Dollar für „Mathilde – Eine große Liebe“ wurde jedoch größtenteils nicht aus Europa bezahlt, sondern der US-Riese Warner griff in die Tasche, bei denen die Filmrechte der Romanvorlage lagen. Wohl aus diesem Grund dürfte dann auch Jodie Foster („Das Schweigen der Lämmer“) in einer kleineren Rolle inmitten einer ansonsten rein französischen Besetzung zu sehen sein.

Wie schon in „Amelie“, so ist auch „Mathilde“ eine Hommage an die Liebe. Allerdings fällt die Geschichte diesmal trauriger aus als der stellenweise verspielte „Amelie“ und die Suche nach der verlorenen Liebe muss einige Hindernisse überwinden. Optisch ist der Film, wie immer wenn der Name Jean-Pierre Jeunet fällt, eine wahre Wonne und allein lohnenswert wegen seiner tragischen bis einfach nur traumhaft schönen Bilder. Die zahlreichen Frontszenarien wurden düster und dreckig, jedoch nie abstoßend gefilmt, während vor allem die Heimat von Mathilde in sommerliche Gelbtöne gehaucht wurde, die den ganzen Film über zu sehen sind. Mit viel Liebe zum Detail, wie man es ebenfalls von Jeunet gewohnt ist, erzählt er seine Geschichte, um so viele Kleinigkeiten, die auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, auf die Leinwand zu bannen.

Dies beginnt mit den ausführlichen Vergangenheiten etlicher Figuren, bei denen vor allem die fünf zum Tode Verurteilten nicht zu kurz kommen. Doch ob es nun ein furzender Hund ist, dem Chantal Neuwirth („Wer mich liebt, nimmt den Zug“) bei jedem kleinen Windzug den gleichen liebevollen Spruch abgewinnt oder der Briefträger, der sich tagtäglich über den Kiesweg vor dem Heim von Audrey Tautou beschwert, genau diese Kleinigkeiten heben „Mathilde – Eine große Liebe“ von anderen Filmen ab. Einen weiteren großen Pluspunkt stellt ohne Frage Tautou selbst, die hier jeden noch so guten anderen Darsteller fast spielerisch leicht in den Schatten stellt. Man fiebert zu jeder Sekunde mit ihr mit, hofft, dass sich ihr Mut und ihr Willen bezahlt machen.

Dabei gibt es aber auch einige Momente, in denen man einfach nur nett über Tautou und ihre Eigenarten schmunzeln kann, bspw. wenn sie sich in einen Rollstuhl setzt, um durch das Mitleid ihrer Gegenüber einen Nutzen zu ziehen. Das lieblich verspielte Mädchen aus „Amelie“ gibt es dafür zwar nicht, doch beweist sie hier eindeutig, wie im Grunde mit einigen der Rollen die sie in den letzten Jahren gespielt hat, dass sie sich nicht auf eine Figur festlegen lassen möchte und sie ohne weiteres zum besten gehört, was das europäische Kino zu bieten hat. Doch ist es wieder einmal, um noch ein letztes Mal „Amelie“ ins Spiel zu bringen, die gesamte Darstellerriege (u.a. auch Tchéky Karyo, Clovis Cornillac und Marion Cotillard) die überzeugt und jede noch so kleine Rolle sich nahtlos in das Gesamtgefüge einreiht.

Gekonnt werden hier die verschiedenen Handlungsstränge zusammen geführt und in Rückblenden erfährt der Zuschauer einiges mehr über die verschiedenen Personen, als auch die Wahrheit darüber, was sich wirklich an diesem Tag des Jahres 1916 zwischen den französischen und deutschen Linien zugetragen hat. „Mathilde – Eine große Liebe“ ist großes Kino, nicht nur auf dem europäischen Sektor, sondern auch mit Blick über den großen Teich. Wunderschöne Bilder und hervorragende Darsteller sorgen für entspannte und gefühlvolle Unterhaltung von zwei Stunden.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

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