Der Italo-Western hatte seinen Zenit längst überschritten, als Sergio Martino das Genrejuwel „Mannaja – Das Beil des Todes“ schuf. Der Regisseur, vornehmlich bekannt durch Filmtrash wie „Im Fluss der Mörderkrokodile“, „Die Insel der neuen Monster“ und „Lollipops und heiße Höschen“, führte die europäische Pferdeoper kurzzeitig zu alter Stärke zurück und inszenierte atmosphärisch dichte Action mit kompromissloser Härte. Maurizio Merli (1940-1989), in der Regel charismatischer Krimi-Held (u.a. in „Camorra – Ein Bulle räumt auf“, „Die Gewalt bin ich“) wechselte das angestammte Metier und führte die Tradition wortkarger Einzelkämpfer in der Titelrolle erfolgreich fort.
In einer stimmungsvollen Einführung trennt der grimmige Kopfgeldjäger einem flüchtigen Schurken mit einem Wurfbeil die Revolverhand vom Arm. Das von Nebelschwaden überlagerte Sumpfambiente, der Zeitlupeneinsatz und die Dynamik des Schnitts machen den Film bereits im Auftakt zu einem Höhepunkt des gesamten Genres. Mit seinem verstümmelten Gefangen macht Mannaja in einer kargen Mienenstadt halt. Deren Einwohner bauen unter unmenschlichen Bedingungen Silber für den alternden Großgrundbesitzer McGowan (Philippe Leroy, „Nikita“) ab. Mit dessen Bevollmächtigtem Voller (John Steiner, „Jäger der Apokalypse“), zuständig für die Unterdrückung der Arbeiter, verstrickt sich Mannaja rasch in eine Privatfehde.
Martinos Spät-Western bedient inhaltlich eher den Durchschnitt, verfügt aber über genug gelungene Wendungen, um die Spannung konstant zu halten. Denn die Fronten verkehren sich, als Voller mit Hilfe einer Banditenbande den eigenen Boss hintergeht und dessen Tochter Deborah (Sonja Jeannine, „Karate, Küsse, blonde Katzen“) entführt. Für ein großzügiges Entgeld soll Mannaja sie zurückholen. Aber sein Preis ist hoch, hat er mit McGowan doch selbst noch eine private Rechnung zu begleichen. Am Ende läuft natürlich alles auf die Konfrontation zwischen Mannaja und Voller hinaus. Doch zum Bedauern des Schurken ist der Gegner nicht nur im Umgang mit den Beilen ein Meister.
Die Inszenierung überzeugt, ebenso die Montage, die in der Überschneidung von brutalem Postkutschenüberfall und Tanztheater ihren meisterlichen Höhepunkt findet. Frauen sind in dieser Welt harter Männer nur Randerscheinungen, auch wenn sie im Falle von Deborah McGowan nicht minder durchtrieben sind als ihre männlichen Zeitgenossen. Der Tenor ist so melancholisch wie der Titelsong und trotz trockenem Humor allumfassend düster. Im Subtext äußert Martino zudem Kritik an der Industrialisierung und zeigt in deutlichen Bildern den sich etablierenden Raubbau des Menschen an der Natur. „Mannaja“ ist ein atmosphärischer, kompromisslos brutaler Spät-Western und neben Castellaris „Keoma“ das letzte große Aufbäumen eines schwindenden Genres. Ein fast vergessener Klassiker.
Wertung: (8 / 10)