Man on Fire – Mann unter Feuer (USA/MEX/GB 2004)

man-on-fire-mann-unter-feuerSeinen dritten Oscar wird der stets souveräne bis begeisternde Denzel Washington („Training Day“) für seine Zusammenarbeit mit Tony „Augenfolter“ Scott wohl nicht bekommen. Allerdings hat man den den erfolgreichsten und aktuell wohl auch besten afro-amerikanischen Schauspieler noch nicht in solch einer Rolle gesehen. In „Man on Fire“ mimt Washington den trinkenden und vor dem Leben weglaufenden Ex-Soldaten John Creasy, der seiner Heimat USA vorläufig den Rücken kehrt und seinen alten Army-Freund Rayburn (Christopher Walken) in Mexiko besucht. Dieser sieht nur zu genau, in welcher Situation sich John befindet und beschafft ihm einen Job als Leibwächter. Die sind in Mexiko mehr als gefragt, da von organisierten Banden täglich die Sprösslinge wohlhabender Familien entführt werden – und genau für diese Schutzfunktion soll Creasy eingesetzt werden.

Pita Ramos (Dakota Fanning) ist das 10-jährige Mädchen, mit dem Creasy sich fortan auseinanderzusetzen hat und die er auf dem täglichen Schulweg beschützen soll. Von seiner neuen Aufgabe zunächst alles andere begeistert, hilft ihm diese auch nicht über seine seelischen Schmerzen hinweg und sogar ein Selbstmordversuch Creasys scheitert. Doch die junge Pita bringt Licht ins Leben des ehemaligen Soldaten. Seine anfängliche Zurückhaltung gegenüber dem Mädchen wandelt sich einer schon fast väterlichen Zuwendung und selbst den abendlichen Griff zur Whiskey-Flasche stellt Creasy ein. Doch gerade als es für alle bergauf zu gehen scheint, wird Pita am helllichten Tag von mehreren Personen entführt und Creasy durch mehrere Kugeln schwer verletzt. Mit am Überfall beteiligt waren auch Polizisten, die bei dem Schusswechsel ums Leben kamen, wodurch Creasy selbst in die Schusslinie gerät. Rayburn kann ihm jedoch helfen, unbeschadet aus dem Krankenhaus zu entkommen und nachdem er nur halbwegs wieder auf den Beinen stehen kann, begibt er sich auf eigene Faust auf einen grausamen Rachefeldzug, bei dem jeder, der an dieser Entführung beteiligt sein soll, sterben wird.

Eine richtig gute Zeit hatte Tony Scott nur zu Beginn der 90er Jahre, als er „Last Boy Scout“ und „True Romance“ schuf. Der Rest seiner Filmografie liest sich zwar aus kommerziellen Gesichtspunkten mehr als anständig, doch wird er wohl auf künstlerischer Ebene immer im Schatten seines älteren Bruders Ridley stehen. Auch mit seinem letzten Film „Man on Fire“ wird man ihm im Filmolymp wohl keinen Platz freimachen, zu sehr setzt Mr. Scott mal wieder (und wohl auch noch nie so überfordernd) auf visuelle Reizüberflutung. In viel zu langen 140 Minuten strapaziert er das zarte Gemüt seiner Seher mit hektischer Kameraführung, schnellen Schnitten, unscharfen Bildern und ungewöhnlicher Farbgebung. Dies mag bei anderen Werken des Filmemachers noch erträglich gewesen sein, hier kommt aber schnell das Gefühl auf, er wolle hier offenkundige Mängel seines Streifens mit aller Macht kaschieren. Die Story von „Man on Fire“ – ein von Brian Helgeland („L.A.,Confidential“) geschriebenes Remake des gleichnamigen Streifens von 1987 – ist altbacken, das Thema Selbstjustiz längst in Big-Budget-Produktionen etabliert. Warum also sollte man dem Feldzug von Denzel Washington noch folgen? Weil genau dieser vielleicht der einzige Trumpf ist, den Tony Scott hier in der Hand hält.

Wie gewohnt spielt Washington in der Liga der Großen, wenn sein hier dargestellter Charakter dank einer oberflächlichen Geschichte auch nicht die Tiefe zulässt, die man von ihm meist zu sehen bekommt. So wird von der Vergangenheit des Ex-Soldaten John Creasy eigentlich gar nichts berichtet und genau diese eigentlich nötigen Informationen, um einen tiefere Charakterisierung zulassen zu können, fehlt hier. Nach „Training Day“ gibt Washington abermals eine Figur mit Makeln und beschreitet ohne einen Anflug von Skrupel oder Reue diskussionswürdige Pfade. In bester Bronson-Manier stapft er durch die Reihen der Personen, die an der Entführung seines Schützlings beteiligt sind und rafft diese unter Aspekten größtmöglicher Menschenverachtung hin. Genau dieser Umstand rechtfertigt dann wohl auch die Erwachsenenfreigabe des Films, denn ansonsten bekommt man keine großen Gewaltausbrüche zu sehen. Und wenn einem Gefesselten mal die Finger abgeschnippelt werden, sorgt Kollege Scott schon dafür, dass nicht allzu viel zu sehen ist. Neben Washington unbedingt positiv zu erwähnen ist noch die junge Dakota Fanning („Ich bin Sam“), die leider viel zu kurz auftaucht und einen sanften Gegenpol zur ansonsten herrschenden Hektik verkörpert. Die übrige Besetzung, etwa Radha Mitchell („Pitch Black“) oder Mickey Rourke („Angel Heart“) bleiben eher blass.

„Man on Fire“ ist eine simpel gestrickte wie erzählte Rachestory, wie man sie aus jeder zweiten Videopremiere kennt und so nichts Großes zu erwarten ist. Der Besetzung wird weniger zugemutet, als sie hätte stemmen können. So ist es letztlich das übliche Gut-gegen-Böse-Spiel, bei dem es nur einen „Helden“ geben kann, alle anderen sind einfach die Arschlöcher und bekommen, was sie verdienen. Der absehbar tragisch gefärbte Ausgang rüttelt daran wenig.

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)

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