„You owe me a life!“ – Will Leben: Donaka Mark
Zu seiner ersten Regiearbeit kam Hollywood-Star Keanu Reeves wie die Jungfrau zum Kind. Eigentlich sollte er im Martial-Arts-Actioner „Man of Tai Chi“ eine Rolle übernehmen und bei der Ausarbeitung des Skripts helfen. Doch dann wurde ihm die Verantwortung über das Projekt angeboten, das ihn wieder mit den alten „Matrix“-Weggefährten Tiger Hu Chen („House of Fury“) und Yuen Woo Ping („Iron Monkey“) zusammenbringen sollte. Der erste war bei „Matrix Reloaded“ und „Matrix Revolutions“ als Stuntman involviert, der zweite bereicherte das Science-Fiction-Epos mit seinen Kampfchoreographien. Gute Voraussetzungen also für körperbetonte Schauwerte. Ausgeschöpft werden jedoch nur wenige Möglichkeiten des Films.
Das liegt vorrangig am dürftigen Drehbuch, das selbst gemessen an üblichen Actionstandards nicht überzeugen kann und die Geschichte zudem lachhaft überdramatisiert. In der Hauptrolle macht Chen keine schlechte Figur, nur fußt seine Rolle auf einer nicht gerade sympathischen Entwicklung. Denn sein Chen Lin-Hu hat in der Schulung des alternden Meisters Yang (Yi Hai, „Macht der Shaolin“) Probleme, seine spirituelle Mitte zu finden. Ihm ist die Lehre der Kampfkunst schlicht zu passiv. Gerade recht kommt ihm da das Angebot des Unternehmers Donaka Mark (Keanu Reeves), der ihm Geld für unter Ausschluss der Öffentlichkeit ausgetragene Schaukämpfe (u.a. gegen „The Raid“-Star Iko Uwais) bietet. Zumindest glaubt das der in Kraft und Kontrolle allmählich aufblühende Chen.
Doch Donaka Mark, das macht bereits der Auftakt unmissverständlich klar, ist ein Unmensch par excellence. In „Truman Show“-Manier lässt er das Leben seines Stars rund um die Uhr überwachen und bietet einer zahlenden Zuschauerschaft im Internet so die Möglichkeit, über das bloße Kräftemessen hinaus an dessen Entwicklung (und moralisch entfremdeten Wandlung) teilzuhaben. Mit Geschick und Manipulation steigert Donaka Mark die Aggression seiner Martial-Arts-Marionette, bis die Unversehrtheit der Gegner keine Rolle mehr spielt. Die absehbare Läuterung erfolgt mit Hilfe von Polizistin Sun Jingshi (Karen Mok, „Fallen Angels“), die entgegen des Befehls ihres Vorgesetzten (Simon Yam, „Election“) gegen das mörderische Netzwerk ermittelt.
Das klingt alles sehr nach klassischem B-Stoff – und ist es letztlich auch. Trotz ansehnlich choreographierter Fights (das als Klimax versagende finale Aufeinandertreffen zwischen Chen und dem seltsam hünenhaft erscheinenden Reeves wohlwollend ausgeklammert) tritt der Plot auf der Stelle und bleibt in seiner Entwicklung glasklar durchschaubar. Die Action ist hart, doch gemessen an der Wucht der auf Körper einprasselnden Schläge und Tritte wirkt es fast fahrlässig naiv, dass die Kämpfer kaum erkennbare Blessuren davontragen. Selbst im eher spaßbetonten Genrekino der Achtziger gingen Sammo Hung, Jackie Chan & Co. nach ihren Keilereien zumindest mit blauen Backen davon. Vollends verschenkt ist „Man of Tai Chi“ nicht, nur bleibt das Regiedebüt des als Kampfsport-Darth Vader so hölzern wie seit „Johnny Mnemonic“ nicht mehr auftretenden Keanu Reeves schlicht ohne Belang.
Wertung: (4 / 10)