Mad Men (Season 1) (USA 2007)

madmens1Verrückt sind die „Mad Men“ keineswegs. Selbst wenn sie, aus Sicht der Gegenwart, in einer verrückten Zeit leben. Der doppelbödige Titel dieser außergewöhnlichen TV-Reihe weist die Protagonisten als Ad Men aus, als Werber, die ihrer Profession von der New Yorker Madison Avenue aus nachgehen. In den sechziger Jahren werden sie hofiert wie Könige, sind wirtschaftlicher Antrieb und kommunikative Wunderwaffe für Einzelhändler, Großunternehmen und Politiker. Doch auch sie sind nur Menschen, behaftet mit charakterlichen Defiziten und ganz irdischen Problemen.

Die von Matthew Weiner (produzierte und schrieb für „The Sopranos“) kreierte und mit Preisen überhäufte Serie funktioniert auf mehreren Ebenen. Da ist das zurückhaltend inszenierte Drama, das, frei von emotionaler Überfrachtung, in sorgfältiger Beobachtungsgabe die Charaktere studiert. Daneben ist es das brillant ausgestattete Sittenbild einer Ära, in der das männliche und zugleich weiße Patriarchat den soziopolitischen Taktstock schwingt. Ehefrauen werden wie selbstverständlich betrogen, Afroamerikaner dringen in die Chefetagen höchstens als Liftboys oder Reinigungskräfte vor. Ansonsten dürfen sie bedienen und über gesellschaftliche Klüfte hinweg Kaffee reichen.

Dreh- und Angelpunkt ist Creative Director Donald Draper (Golden Globe-prämiert: Jon Hamm, „Providence“), der für die fiktive Werbeagentur Sterling Cooper tätig ist. Der smarte und attraktive Ideengeber ist der unangefochtene Star der beiden Senior Partner, Bertram Cooper (Robert Morse) und Gründersohn Roger Sterling Jr. (John Slattery, „Traffic“). Kein Wunder also, dass ihn die Konkurrenz abwerben will. Unter den Kollegen stößt Drapers Sonderstellung jedoch nicht auf ungeteilte Gegenliebe. Vor allem der junge und ambitionierte Pete Campbell (Vincent Kartheiser, „Another Day in Paradise“) versucht sich durch Alleingänge und Diskreditierungen zu profilieren.

Doch abseits der männlichen Figuren, die gern schon im Büro den Cognac schwenken, kommt auch die weibliche Perspektive nicht zu kurz. Im Hause Sterling Cooper sind es vor allem Chefsekretärin Joan Holloway (Christina Hendricks), die eine Affäre mit dem alternden Sterling unterhält, und die biedere Peggy Olsen (Elisabeth Moss, „The West Wing“), die sich von Drapers Sekretärin zur Copywriterin empor arbeitet. Weil es sich der berechnenden Joan nach unbedingt lohnt, mit einem der Werber anzubandeln, lässt sie sich erst die Pille verschreiben und dann auf den frisch verheirateten Campbell ein. Das hat Folgen.

Außerhalb der Agentur, im scheinbar perfekten Vorortidyll, gibt Drapers Gattin Betty (January Jones, „Three Burials“) die unermüdliche Hausfrau. Für die Aufzucht der beiden Kinder nimmt sie sich gänzlich zurück. Nicht aufgearbeitete Traumata werden beim Psychiater offenbart, mit dem der notorisch untreue Ehemann, dessen Identität auf einer Lüge fußt, natürlich in regem Austausch steht. So verdichtet sich das authentische, erfrischend unaufgeregte und konsequent ironiefreie Bildnis einer Mehrklassengesellschaft, in der nach erfolgreichen weißen Männern lange gar nichts kommt. Dass die Befunde einer heuchlerischen Gesellschaft bis in die Gegenwart reichen, setzt „Mad Men“ schlussendlich die Krone auf.

Wertung: 9 out of 10 stars (9 / 10)

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