Mit Vorliebe wandelt Walter Hill („Last Man Standing“) auf den Spuren Sam Peckinpahs. Zu dessen stilbildendem Thriller „Getaway“ (1972) hatte Hill das Drehbuch verfasst, sich bei seinen eigenen Regiearbeiten das kreative Mittel dynamisch verschachtelter Actionszenen zu Eigen gemacht. In „Long Riders“ trug die ästhetische Adaption erste Früchte. Wie Peckinpahs „The Wild Bunch“ widmet sich die Outlaw-Ballade einer desillusionierten Verbrecherbande. Die Heimatlosigkeit der Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg, das Gefühl mangelnder Zugehörigkeit, macht die Männer zu Bankräubern. Die Geschichte folgt derer des legendären Banditen Jesse James, der mit seinem Bruder und den Gebrüdern Younger die Justiz in Atem hielt.
Die Verwandten im Film sind es auch im richtigen Leben. James („Stand Alone“) und Stacy Keach („American History X“) spielen Jesse und Frank James, David Carradine („Kill Bill“) und seine Büder Keith („Die Duellsiten“) und Robert („The Big Red One“) die Youngers. Dennis („Der Flug des Phoenix“) und Randy Quaid („Independence Day“) schlüpfen in die Rolle der Millers, Christopher („This is Spinal Tap“) und Nicholas Guest („Brain Smasher“) in die der Fords. James und Stacy Keach fungierten auch als Produzenten und schrieben am Drehbuch mit.
„Long Riders“ ist ein harter Spät-Western, der sich der Gewohnheit Walter Hills gemäß actionreich und blutig präsentiert. Im Bezug auf die historischen Hintergründe erlaubt sich der Film die Freiheit dramaturgischer Ausschmückung. Insbesondere der Kleinkrieg zwischen den Räubern und Legaten der Pinkerton-Detektei dient vorrangig der Legendenbildung. Durch die Unfähigkeit der Staatsgesandten, die wiederholt das Leben unschuldiger Angehöriger der gesuchten Verbrecher fordert, mehren die Pinkertons einzig den Heldenstatus der James-Younger-Gang.
Bei aller Kraft der Inszenierung bleibt eine umfassende Charakterisierung aus. Vereinzelt werden Hintergründe der Bandenmitglieder gezeichnet, dies aber meist ohne Bezug zum eigentlichen Zentrum des Films. Was Hills Abgesang auf Western-Mythen im Vergleich zu Peckinpah vermissen lässt, ist die Schärfe in der Kontur der Protagonisten. Dafür werden „The Wild Bunch“ entsprechend Zeichen bemüht, die den Gangstern die Vergänglichkeit ihrer Art vor Augen führen. Im Vorlauf des finalen Hinterhalts überquert eine Dampfmaschine die Straße. Unter den ungläubigen Blicken der Bande beginnt ein neues Zeitalter. Eine Ära, in der die Ausläufer der Industrialisierung den Western erobern und Männern ihres Schlages den Lebensraum rauben. Dem Sinnbild folgt der furiose Showdown, dem Scharmützel das historisch verbürgte Ableben des Jesse James. Walter Hill ist ein Handwerker, „Long Riders“ sein Gesellenstück.
Wertung: (7 / 10)