Hardcore ist einfach. Es braucht Wut und Wucht. Mehr eigentlich nicht. Ausgefeilte Melodien oder strukturelle Vielfalt markieren eher eine seltene Ausprägung. Dass es anders geht, offenbaren LIARS & THIEVES (alternativ: LIARS x THIEVES) mit „Thaumatrop“. Der bemerkenswerte Albumerstling der Wuppertaler beginnt sanft, mit Klavierklängen. Und Shouts. Die verfügen über einen von beständiger Verzweiflung umwehten Unterton. Bereits diese emotionale Komponente macht die Platte zu einem besonderen Genre-Beitrag.
Getragen wird dies durchaus eigenständige Moment auch vom generellen Klangbild. Das ist zwar nicht zwingend komplex, kratzt in seiner instrumentalen Mehrschichtigkeit aber immer wieder am Post-Hardcore. Dazu passt der kontrastierende Klargesang, der sich nie aufdrängt, sondern allein dem Zweck unterworfen scheint, die diffuse Gefühlslage von Band und Album zu charakterisieren. Daneben bleiben die zehn Stücke von einem ausgeprägten metallischen Hang geprägt. Gängigem Schubladendenken entziehen sicht LIARS & THIEVES daher mit beachtlicher Souveränität.
Somit ist „Thaumatrop“ nicht nur ein Orkan, sondern bietet im Auge des Sturms auch ausreichend Gelegenheit zum Verschnaufen. Diese wohl abgeschmeckte und – gerade für ein Debüt – bemerkenswert ausgereifte Mischung bürgt nicht allein bei den Anspieltipps „Marble Eyes“, „Glass Cords“ oder „Maelstrom“ für eine atmosphärische Dichte, die Genre-Grenzen technisch gehaltvoll auflöst. Der große Vorteil daran: Ob man es nun mit modernem Hardcore, Metalcore oder Post-Hardcore hält, bei diesem hoffnungsvollen Quintett kommt jeder auf seine Kosten.
Wertung: (7,5 / 10)