Leon (USA 1990)

leonvandammeMit dem 1990 gedrehten Werk „Leon“ (im Original „Lionheart“) wollte Jean-Claude Van Damme groß hinaus und die Kinosäle der Welt erobern. In Interviews gab sich der ewig optimistische Belgier redselig wie selten zuvor und schwärmte in den höchsten Tönen von seiner bis dahin ambitioniertesten Darbietung, bei der er die menschliche Seite seiner Figur betonen wollte. So schrieb er dann auch fleißig am Drehbuch mit, was dem Film aber nicht zwingend gut getan hat.

Der Franzose Francois Gaultier (Ash Adams) verdient seinen Lebensunterhalt als Drogendealer in Los Angeles, was ihm letztlich zum Verhängnis wird, denn von seinen Geschäftspartnern wird er kurzerhand in eine lebende Fackel verwandelt. Diese Nachricht erhält sein Bruder Leon (Van Damme) während seiner Zeit bei der Fremdenlegion. Dort allerdings nehmen seine Vorgesetzten die Familientragödie weniger schlimm hin, als er selbst und die Bitte um Heimaturlaub wird verwehrt. Zur Strafe für dies ungeheuerliche Ersuchen soll Leon ins „Loch“ wandern, entschließt sich jedoch zu fliehen und auf eigene Faust in die Staaten zu reisen, um den Geschehnissen auf den Grund zu gehen.

An seinem Ziel angekommen, kommt der trauernde Leon nicht ohne einen Dollar in der Tasche aus, so dass er sich notgedrungen bei einem illegalen Straßenkampf ein paar Kröten verdienen muss. Sein Bruder ist in der Zwischenzeit an den Folgen seiner Verbrennungen gestorben und hinterlässt seine Frau Helene (Lisa Pelikan) sowie die Tochter Nicole (Ashley Johnson), für die sich Leon nun verantwortlich fühlt, die jedoch von dem ungebetenen Gast nicht begeistert sind. Seine körperlichen Fähigkeiten bringen Leon schnell mit dem Joshua (Harrison Page) zusammen, der seine alten Kontakte spielen lässt und ihn mit der windigen Veranstalterin Cynthia (Deborah Rennard) bekannt macht, für die Leon in der Folge auf Knochenjagd geht. Selbstverständlich nur völlig selbstlos, um Frau und Kind des Bruders die Zukunft zu sichern. Alles scheint in bester Ordnung, Leon gewinnt Kampf um Kampf, als er den sexuellen Anspielungen seiner Förderin jedoch wiedersteht, nimmt sein Erfolg eine dramatische Wendung.

Sheldon Lettich und Jean-Claude Van Damme, zwei die fast so gut gemeinsam harmonieren wie Dick und Doof. Doof sind zumindest manche Kollaborationen der beiden geraten. Bereits am Skript zu „Bloodsport“ werkelte Lettich mit, während er für „Leon“ und den direkt folgenden „Double Impact“ auf dem Regiestuhl Platz nahm, etliche Jahre später dann auch bei der B-Gurke „The Order“. Aktuell werkeln beide gemeinsam am Streifen „The Hard Corps“, so dass auch in Zukunft die Vereinigung Lettich/van Damme nicht unterbrochen sein wird. Qualität zahlt sich eben aus.

Von dieser hat „Leon“ trotz allem Bestreben aber nicht viel, denn das hier vorgetragene Pseudo-Rührstück mit unspektakulären und allenfalls als solide zu bezeichnenden Kampfszenen gehört zu einem der schlechtesten Filme des belgischen Spagats. Dies liegt vor allem an der Story, die vor aller Gefühlsduselei und geheuchelter Menschlichkeit vergisst, warum sich Fans des prügelnden Sidekick-Akrobaten eigentlich dessen Filme anschauen. An Action nämlich mangelt es „Leon“, erst einmal oberster Kritikpunkt. Dass die Anwesenden, allen voran die Mimik-Zwetschge Van Damme, nie zu höheren schauspielerischen Darbietungen fähig sind und waren, bleibt unbestritten, doch warum mit aller Macht danach streben? So muss sich der Zuschauer hier mehr mit dem Familienmenschen Van Damme anfreunden, der anderen nur die Birne zu Klump prügelt, damit die Nichte endlich ein Fahrrad bekommt.

Dieses Kindchen, Ashley Johnson („Nine Month“, „Was Frauen wollen“), könnte locker in jeder Hochzeitskapelle die Blumen oder Ringe überreichen, butterweicher und extra auf niedlich getrimmter geht es wohl kaum. Auch Mutter Lisa Pelikan („Die Rückkehr zur blauen Lagune“) ist Engel auf Erden, fraglich im Grunde nur, wie sie es mit einem Drogendealer ausgehalten hat. Als Freund und Helfer des Prügelprinzen gibt sich Harrison Page („Carnosaurus“) die Ehre, der auch noch einen anderen Aspekt mitbringt, nämlich den der Loyalität, der Freundschaft und des gemeinsamen Leids. Als Gegner in spe darf hier nun mal die holde Weiblichkeit herhalten, doch sieht Deborah Rennard („Freddy´s Nightmares“) weder richtig gut aus, noch füllt sie ihre Figur mit Leben.

Während der Zusammenführung der zerrütteten Familie bleibt die Action auf der Strecke und die Kämpfe sind zudem recht unspektakulär in Szene gesetzt. Dies jedoch ist vielleicht sogar eher als Pluspunkt zu werten, denn in dieser Form passen sie sich zum einen dem langweiligen Grundgefüge an, zum anderen hätten solche auch gar nicht in den Kontext gepasst. So muss der Zuschauer sich hier mit van Damme light zufrieden geben, unabhängig davon sind aber zumindest einige Szenen doch noch ganz ansehnlich geworden und der Endkampf sticht in seiner Schlichtheit beinahe schon aus diesem Rahmen heraus.

Für mich war immer schwer begreiflich, warum etliche Fans des Belgien-Bombers „Leon“ zu seinen besten Filmen zählen, denn für einen reinen Actionstreifen ist er zu lahm und über den Rest hüllen wir besser den Mantel des Schweigens. Besser haben es beide (Lettich/van Damme) im gleichen Jahr mit „Double Impact“ gemacht, also besser darauf ausweichen.

Wertung: 4 out of 10 stars (4 / 10)

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