.leaves – …bleibt das jetzt für immer? (2016, DIY/Subzine Records)

„Was bringt das alles, wenn jeder nur über Bedürfnisse klagt?“ – ‘Veritas‘

DIY ist nicht zwingend eine Frage der Mittel. Häufig transportiert das Bekenntnis zum unbedingten Selbermachen eine grundlegende Attitüde – gegenüber der eigenen Szene und nicht zuletzt der siechenden Musikindustrie. Ob die Eigenmächtigkeit bei .LEAVES nun Not oder Tugend ist, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden. Denn fest steht: Das Trio aus Jena bereichert das (buchstäblich) unabhängige Musiksegment um enervierenden Post-Hardcore/Screamo mit kritischer Haltung – und einer gehörigen Portion Schwermut. 

Die wird bereits in „Mathilda“ offen ans Revers geheftet. Der Opener des im Frühjahr 2016 erschienenen Albumerstlings „…bleibt das jetzt für immer?“ – die limitierte Vinyl-Version ist via Subzine Records erhältlich – scheint zerrissen zwischen Depression und Zuversicht. Instrumental ist der Track ein echter Brocken. Die Gitarre offenbart eingangs zwar auch zögerliche Tendenzen, errichtet in der Hauptsache aber ein wuchtiges Bollwerk, das gen Ende packend kollabiert. Der prägnante Bass entwickelt dazu eine Schärfe, die imstande scheint, Wälder zu roden.

Dass die Intensität über die volle Distanz der zehn Stücke aufrechterhalten wird, liegt auch am Gesang. Das heißt: gesungen wird nicht. Nur geschrien. Obendrein weitgehend unmelodisch. Das aber immerhin zweistimmig. An schroffen Höhepunkten mangelt es der Scheibe trotzdem nicht. Oder gerade deshalb. „Tausende“ mit seinem ansteckenden Brüll-Chor ist ein treffliches Beispiel. Das wandlungsreiche „Lotus“ ein anderes. Oder das stimmungsvoll auf fünfeinhalb Minuten gestreckte „Veritas“, bei dem der Bass wieder so herrlich wummert.

Als primärer Anspieltipp empfiehlt sich dennoch „Ausrasten (jetzt)“. Hier treibt das Spiel mit kontrastierenden Klangfarben und einpeitschenden Rhythmuswechseln die eindrucksvollsten Blüten. Für die nötige Erdung sorgen Phasen der Entspannung. In ihnen wird das impulsive Tosen zurückgenommen. So können die nachdenklichen Texte – sofern sie denn ohne Hilfestellung zu verstehen sind – einwirken. Wie beim abschließenden „Momente“, das als Digital-Single bereits 2014 vorgestellt wurde. Kurzum: Eine klasse Scheibe, die, wenn schon nicht für immer, so doch für eine stattliche Weile nachwirkt.

Wertung: 7.5 out of 10 stars (7,5 / 10)

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