Im Jahr 2000 machte sich plötzlich Erstaunen breit. LAST DAYS OF APRIL, die bis dahin bereits durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommene schwedische Emo-Pop-Band, vollzog mit dem Album „Angel Youth“ eine überraschende Richtungsänderung. Der Vorgänger „Rainmaker“ schien sich zeitgemäßem Indie-Rock zu öffnen und amerikanischen Vorbildern nachzueifern. Das von Pelle Gunnerfeldt (REFUSED, THE HIVES) produzierte Drittwerk jedoch orientierte sich nur an eigenen Maßgaben.
Die beugen bekannte Strukturen des Indie-Pop mit ausschweifender instrumentaler Experimentierfreude in eine progressive Richtung, die Zeit und Raum zu überwinden scheint. Exemplarisch angeführt werden darf das sphärisch wabernde „The Days I Recall Being Wonderful“, dessen prägnant monotone Melodieführung vertraute Zartheit eindrucksvoll unterläuft. Die Band um den zurückhaltend säuselnden Frontmann Karl Larsson schweift mit Wonne aus. Nicht wenige der zehn Stücke überschreiten die Länge von fünf Minuten ohne Mühe. Dass die Zeit dennoch verfliegt, wie Sand im Wind, liegt am träumerisch schwelgenden Stimmungsbild, das dem melancholischen Grundtenor, auch durch den Einsatz von Synthesizer, Mandoline, Cembalo oder Glockenspiel, immer wieder Momente überschäumender Emotionen abgewinnt.
Ob „Will the Violins Be Playing?“, „Glowing Me Choking You“ oder das träumerische „Down the Aisle (With You)“, LAST DAYS OF APRIL beschwören eine instrumental überschwängliche und doch angenehm zurückhaltende Erneuerung ihrer musikalischen Wurzeln. Sie werden es nicht gerne hören wollen, aber „Angel Youth“ ist ihr außergewöhnlichstes und bis heute bestes Werk, eine komplexe und doch immer zugängliche Reise ins überraschende Herz vorwärtsgewandten Schmuse-Pops. Ein heuer unterschätzter und doch unumstößlicher Klassiker.
Wertung: (9 / 10)