Mit „Let’s Talk About Feelings“ stoppten LAGWAGON ihren Abwärtstrend. Zuvor war dem nicht mehr vollends überzeugenden „Hoss“ das noch schwächere „Double Plaidinum“ gefolgt, über das sich kaum mehr als ein gleichgültiges Achselzucken einstellen wollte. Die darauf praktizierte Entschleunigung prägt auch jenen nächsten und zugleich fünften Langspieler über Fat Wreck. Jedoch gehen Joey Capey und seine Mannen mit einer Gemütsruhe an die früherem Tempo fast völlig entsagenden Stücke heran, dass die bereits auf dem Cover angekündigte Kuschel-Atmosphäre fast zwangsläufig zur spielfreudigen Realität wird.
Klassisch kurzweilig überdauern die 12 Schmuse-Punk-Nummern kaum 25 Minuten. Obwohl dabei alles einen Gang langsamer läuft, wirkt der Melody-Core nie schleppend. Im Laufe ihrer Karriere haben LAGWAGON sicher Hit-trächtigere Alben abgeliefert, beruhigenderweise aber mogelt sich diese späte Reifeprüfung nicht über ein paar sorgsam an Frühzeiten anknüpfende Kracher in die Erinnerung, sondern entfaltet ihre volle Wirkung erst allmählich. Wie bei „Change Despair“, „Mesengers“ oder „May 16“, die ihr gesamtes Hitpotential nicht unverzüglich offenbaren. Vielmehr erzeugen sie einen Nachhall, der sich ihrer Klasse zögerlich gewahr werden lässt.
Musikalisch abwechslungsreich und mit feinen Riffs aufwartend, reift „Let’s Talk About Feelings“ wie ein guter Wein. Dem jugendlichen Gemüt seinerzeit vielfach nicht laut, nicht galoppierend, einfach nicht wütend genug, gewinnt die Scheibe heute stetig an Größe. Wohlgemerkt nicht an Bedeutung, denn neu ist das alles zu keiner Sekunde. Das vielseitige und oft unterschätzte letzte Album vor der kreativen Schaffenspause funktioniert in seiner zelebrierten Schwermut wunderbar, was das AGENT ORANGE-Cover „Everything Turns Grey“ zu einem eben solchen Erlebnis macht, wie das balladeske „The Kids Are All Wrong“. Einfach eine klasse Scheibe, der auch Zweifler unbedingt eine zweite Chance einräumen sollten.
Wertung: 
(8 / 10)