La Vida Loca – Die Todesgang (MEX/E/F 2008)

la-vida-loca-die-todesgangDie Jugend in San Salvador scheint perspektiv- und vor allem chancenlos. Halt bieten allein die Gangs, die sich, gegründet von Rückkehrern aus den Slums von Los Angeles, bis aufs Blut bekriegen. Christian Poveda hat dieser Hölle mit „La Vida Loca“ eine Dokumentation gewidmet, die das alltägliche Leben auf der Straße zeigt, ohne eine wertende Position einzunehmen. Mit geradewegs schockierender Nüchternheit begleitet er eine lose Anzahl an Mitgliedern der „Mara 18“ auf einem Teilstück ihres oft kurzen Lebensweges. Sein Film beginnt mit einer Beerdigung, mit Treueschwüren an den Toten und den Kampf um die Vorherrschaft über die Armenviertel.

Die letzte Trauerzeremonie ist es nicht. Der Tod scheint allgegenwärtig. Wie die Drogen, das Elend, dem sich im Ghetto scheinbar niemand entziehen kann. Tätowierungen künden von Zugehörigkeit. Nicht selten ist der ganze Körper von ihnen bedeckt. Der Staat kann nur mehr reagieren, mit Polizeigewalt und Haftstrafen. Präventive Maßnahmen können den Einfluss der Gangs nicht durchdringen. Ein Resozialisierungsprojekt, bei dem eine Bäckerei den Weg in ein geregeltes Leben weisen soll, scheitert an ständigen Polizeirazzien und der kriminellen Verflechtungen der Beteiligten.

Poveda stellt keine Fragen, er zeigt lediglich. Die Kamera ist dabei, wenn Frauen vom gewaltsamen Ableben ihrer Männer erfahren. Schüsse aus dem Off und abrupte Blenden veranschaulichen die Allgegenwärtigkeit des Todes. Irgendwann scheint es jede(n) zu treffen. Die Spirale der Gewalt ist das einzige, was diesen Kosmos der Hoffnungslosigkeit am Laufen hält. Gewalt und Gottvertrauen. Die tiefe religiöse Verwurzelung überrascht, steht sie doch in krassem Gegensatz zur Missachtung des Lebens. Die erfuhr auch der Regisseur selbst, der im September 2009, während der Dreharbeiten zu einer Fortsetzung, erschossen wurde.

„La Vida Loca“ entwickelt eine beklemmende Klarheit, weil er nicht nach Antworten sucht. Es geht nicht um die Gangs, ihre Struktur und Aufnahmerituale. Eine Bühne zur verherrlichenden Selbstdarstellung bleibt den Portraitierten vorenthalten. Die hier dargestellte Welt bleibt aus der sicheren Sicht des Zuschauers unfassbar. Eine entsprechende Schockwirkung entfalten die groben Handkamerabilder. Einen Moment lang mag man sich mit der jungen Frau freuen, deren nach einer Schussverletzung notdürftig geflicktes Auge von einem Arzt fachkundig nachbehandelt wird. Wenn am Ende wiederum Schüsse peitschen, wird auch ihre Leiche auf einem Pick Up abtransportiert. Das Leben ist in diesem Teil der Welt wahrhaftig eines der schwersten.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

 

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