
Plötzlich füllen KNOCKED LOOSE größere Hallen. Es sei den brachialen Krachschlägern – genau wie TURNSTILE – gegönnt. Ein wenig bedauerlich ist es trotzdem. Denn Musik wie diese entfaltet in einem intimeren Rahmen zweifelsfrei üppigere Intensität. Aber für die Mannen aus Kentucky dürfte es angesichts der eher nischigen Prämisse ihrer Werkschöpfungen ohnehin erstaunlich genug sein, statt hunderten nun tausenden Zuschauer*innen musikalisch die Scheitel zu rücken.
Dabei helfen die zehn Tracks ihrer dritten Platte, „You Won’t Go Before You’re Supposed To“, die in Summe nicht einmal eine halbe Stunde überdauern – und bei denen das kalkulierte Chaos einmal mehr Trumpf ist. Dabei entfalten sich die einzelnen Beiträge in erwartbaren Bahnen: Es wird leidenschaftlich gekeift und dazu ein Wall aus brachialen Riffs und Drumstakkatos hochgezogen. Das Überraschungsmoment geht von innehaltenden Breakdown-Parts und kurzen Tonalitätswechseln aus, die von Percussions oder sphärig abschweifenden Gitarren geprägt sind (siehe exemplarisch das Duo „Moss Covers All“/„Take Me Home“ oder den ausschweifenden Rausschmeißer „Sit & Mourn“).
Dazu, wie etwa das starke, am Mikro von Chris Motionless (MOTIONLESS IN WHITE) gestützte „Slaughterhouse 2“ zeigt, bewegen sich KNOCKED LOOSE auch mal deutlicher auf dem Terrain des Metal-Hardcores – samt klassischem Refrain. Nur erscheint diese Zuordnung für „You Won’t Go Before You’re Supposed To“ viel zu eng gesteckt. Denn hinter allem auf den ersten Blick dezent stumpf wirkendem Wüten und Tosen (nach kurzer einleitender Klangschale!) steckt doch eine Detailfülle, die erneut von ausgeprägter Kunstfertigkeit kündet.
Ausdruck erhält diese etwa durch das markerschütternde Duett mit Poppy bei „Suffocate“ oder das von radikalen Tonalitätswechseln geprägte „Don’t Reach For Me“. So braucht es einige Durchläufe, um die Platte in ihrer gesamten Mehrschichtigkeit zu erfassen – und entsprechend wertzuschätzen. Die Größe der bespielten Halle ist da kaum mehr als ein angenehmer Nebeneffekt.
Wertung: (8 / 10)