Der Mensch als Spielball unsichtbarer Kräfte. Im Hinterland bleiben sie stets unentdeckt, die Provinzler, die sich von der in ihre abgeschottete Welt einbrechenden Zivilisation bedroht fühlen. Das war bei Boorman („Beim Sterben ist jeder der Erste“) so, bei Hill („Die letzten Amerikaner“) und nun auch bei Gonzalo López-Gallego („Nómadas“). Dessen düsterer Thriller „King of the Hill“ verlegt das Thema der Menschenjagd ins abgelegene Spanien, wo gesichtslose Scharfschützen ein tödliches Katz- und Mausspiel mit gestrandeten Städtern spielen.
Quim (Leonardo Sbaraglia, „Intacto“) ist auf dem Weg zu seiner Ex, als ein Knall seinen Wagen zum Halten zwingt. Erstaunt registriert er ein Einschussloch in der Karosserie. Doch dabei bleibt es nicht. Er wird verwundet, flieht und überfährt einen Jäger, der sein Gewehr zuvor auf ihn zu richten schien. Ist die Gefahr damit gebannt? Mitnichten. Zusammen mit Schicksalsgenossin Bea (María Valverde, „Die Borgias“), die ihn zuvor nach scheinbar spontanem Sex auf der Damentoilette einer Raststätte bestahl, rennt er fortan um sein Leben. Selbst die sie bald auflesenden Polizisten sind keine Hilfe. Sie sind auch nur Zielscheiben.
Die unsichtbare Gefahr sorgt für eine beklemmende Stimmung, wobei die atemlose Flucht über Stock und Stein zur nervlichen Zerreißprobe wird. Mit starken Darstellern und aufblitzender Gewalt entfaltet López-Gallegos Film eine bedrohliche Sogwirkung, die sich durch die stimmige Fotografie und hektische Handkamerafahrten sublimiert. Der Zuschauer leidet mit den Protagonisten, wenn ihre Todesangst schier greifbar wird. Die Wirkung jedoch wandelt sich, sobald der Regisseur im Schlussdrittel auf den Spuren Michael Hanekes („Funny Games“) wandelt.
Plötzlich stehen die Täter im Mittelpunkt. Mit ihnen kommt intentionaler Hintersinn, der über Handyfotos und Realitätsverlust nicht nur die Todesschützen selbst anprangert, sondern auch die Macht und Faszination moderner Massenmedien. Verstärkt wird dieser Eindruck durch Einstellungen aus Mördersicht, die nicht von ungefähr an einschlägige Ego-Shooter erinnern. In seiner Durchschaubarkeit wirkt dieser schlussendliche Ansatz zu gewollt. Die zehrende Ungewissheit weicht einer Quasi-Holzhammeramoral. Ungeachtet dieser dramaturgischen Schwächen ein ebenso sehenswerter wie schwer verdaulicher Backwood-Thriller.
Wertung: (7 / 10)