Es gab mal eine goldene Zeit des Kinos, in der Cineasten der Name Robert De Niro sofort aufhorchen ließ. Er galt völlig zu Recht als Synonym für gehobene Filmkost und ruft man sich etwaige absolut kultige Performances des Vollblut-Schauspielers ins Gedächtnis, so etwa den jungen Vito Corleone im genialen zweiten Part der Mafia Saga „Der Pate“ oder den Cab-fahrenden Vietnamveteranen Travis Bickle in Scorseses Meisterwerk „Taxi Driver“, könnte dies Bild kaum getrübt werden. Doch nicht nur erwähnten Vollblut-Cineasten dürfte aufgegangen sein, dass die Glanzzeiten De Niros längst vorbei sind. Diese unleugbare These gewinnt durch „Killing Season“, den neuesten und wer weiß schon wievielten Rohkrepierer in Folge, erneut an Gewicht. Und das, obwohl De Niro sogar ein nicht minder prominenter Schauspielpartner an die Seite gestellt wird: John Travolta.
Der Ebengenannte schlüpft in die Haut des desillusionierten serbischen Elite-Soldaten Emil Kovac, der während des Balkankrieges die Souveränität seines Heimatlandes mit allen Mitteln bewahren will. Dabei scheut er nicht einmal davor zurück, in einem Konzentrationslager für (muslimische) Bosnier zu dienen. Zumindest, bis die US-Truppen anrücken dürfen. Dermaßen schockiert von der barbarischen Ader der serbischen Soldaten, entscheiden die G.I.s, die unmenschlichen Wärter des Lagers auf der Stelle zu exekutieren. Doch wie durch ein Wunder überlebt Kovac seinen Kopfschuss. Zwanzig Jahre später findet er endlich den Namen des Schützen heraus, welcher ihn fast in die ewigen Jagdgründe geschickt hätte: Colonel Benjamin Ford (De Niro).
Dieser lebt mittlerweile zurückgezogen irgendwo in der Appalachen-Bergregion. Mit Exekutionen hat er schon längst abgeschlossen, was umso deutlicher wird, als der alte Mann während der Jagd im Wald nicht einmal mehr ein Reh niederstrecken kann. Bei ihrem ersten Treffen – Ford kann sich natürlich nicht mehr an Kovac erinnern – leeren die zwei Veteranen erst einmal gemütlich eine Flasche Jägermeister (!), bevor der weit angereiste Serbe am nächsten Tag seine wahre Intention offenbart und die (Menschen-)Jagd eröffnet. „Killing Season“ sollte ursprünglich „Shrapnel“ heißen und die zwei „Face/Off“-Kontrahenten John Travolta und Nicolas Cage unter der Regie des Action-Spezialisten John McTiernan („Predator“) erneut vor die Linse führen. Doch leider wurde daraus nichts und irgendwie landete der nicht gerade begnadete Mark Steven Johnson („Daredevil“, „Ghost Rider“) auf dem Regiestuhl, während Cage durch De Niro ersetzt wurde.
Dieser darf, bevor es ans Eingemachte geht, zuvor mit Travolta über den Sinn und Unsinn des Krieges palavern. Ist dieser Part der Geschichte noch recht zäh und langatmig erzählt (weil zu gewollt und etwas bemüht philosophisch), bekommt diese in der zweiten Hälfte zwar mehr Tempo aufgedrückt, aber besser wird es dadurch keineswegs. Ganz im Gegenteil. Kovac und Ford sollen Soldaten sein, die eine Top Ausbildung genossen haben. Dafür stellen sich beide aber mehrmals strunzdämlich an. Ständig nimmt der eine den anderen gefangen und immer kann sich der jeweils Gefangene auf eine total dämliche Art und Weise befreien und den Spieß umdrehen, bis es der Opponent ihm gleichtut. Bis die offengelegten Wunden des Unterlegenen – kein Witz – mit salziger (!) Limonade traktiert werden!
Darüber hinaus ist, zumindest in der Originalversion, Travoltas Darbietung der serbischen Sprache mehr als ein schlechter Scherz. Dass er die drei Sätze, die er zu lernen hatte, gewiss nicht ohne Akzent hätte aufsagen können, hat niemand ernsthaft erwartet. Dass Herr Travolta aber diese Dialogfetzen in einer ominösen Phantasiesprache wiedergibt, die mit der serbischen Sprache in etwa so viel gemein hat wie der ehemalige serbische Diktator Slobodan Milosevic mit dem Friedens-Nobel-Preis, ist fast eine Beleidigung an das serbische Volk. Des Weiteren schmückt er sich auch bei Dialogen auf Englisch mit einem derart unwirklichen serbischen Akzent, dass sein Charakter trotz des traumatischen Hintergrunds kaum ernst genommen werden kann und abermals ins lächerliche abdriften darf.
Ach ja, da war ja noch Robert De Niro. Seine Performance ist (natürlich) kaum der Rede wert und wie so oft in den letzten Jahren (re)agiert der Star nur noch auf Sparflamme. Man mag es kaum glauben, aber aus der Rolle hätte ein dem Wahnsinn des Overactings verfallener Nicolas Cage gewiss mehr rausgeholt und dem Schinken wenigstens eine amüsante Note verliehen. So ist „Killing Season“ nur ein ungewollt absurdes Stück Zeitverschwendung geworden, welche durch ihre allzu angestrebte Ernsthaftigkeit, die aber zur keiner Sekunde vermittelt werden kann, den angepeilten Spagat zwischen ernstem (Survival-)Drama und brachialer Action in der Wildnis meilenweit verfehlt. Dann doch lieber wieder John Boormans „Beim Sterben ist jeder der erste“ (oder den deutlich konsequenteren „Die Stunde des Jägers“) in den Player schieben.
Wertung: (3 / 10)