Als Christophe Gans 1995 „Crying Freeman“ in Szene setzte, war der Franzose nicht der erste, der sich an einer Adaption des gleichnamigen Mangas versuchte. Bereits fünf Jahre zuvor entfesselte Clarence Fok Yiu-leung den „Dragon from Russia“, während Phillip Ko fast zeitgleich eine „Killer´s Romance“ initiierte. Im Gegensatz zu Gans‘ werkgetreuer und in diesem Kontext besten Verfilmung des Stoffes lehnen sich die beiden anderen Versionen nur vage an die Comics von Ryoichi Ikegami und Kazuo Koike an.
Hauptaugenmerk obliegt an dieser Stelle „Killer´s Romance“, der unlängst zu Ehren einer späten DVD-Premiere kam. Darin muss Nahkampfexperte Yo (Simon Yam, „Full Contact“) den getöteten Ziehvater, Anführer eines mächtigen Verbrechersyndikates, zu Grabe tragen. Yo schwört Rache und richtet die vermeintlichen Drahtzieher eigenhändig hin. Dabei wird er von der jungen Emu (Joey Wong, „City Hunter“) beobachtet, in die sich der Killer schließlich verliebt. Doch das Glück ist nur von kurzer Dauer. Als Opponent Chan Ben (Regisseur Phillip Ko, „On the Run“) zum Gegenschlag ausholt, muss Yo erkennen, dass seine Gegnerschaft bis in die eigenen Reihen reicht.
Obwohl der Film alle bewährten Geschütze des Heroic Bloodshed auffährt, kommt die Rachegeschichte nur schleppend in Gang. Der etablierte Allrounder Phillip Ko will in seiner fünften Regiearbeit nicht nur Kugeln sprechen lassen, sondern auch einen gewissen Anspruch bedienen. Aber gerade der ist mit den grob gezeichneten Figuren nur schwer vereinbar. Der ungewohnt blasse Simon Yam legt den hundsäugigen Gesichtszug kaum ab und erhält nur mit dem Finger am Abzug Gelegenheit, der Lethargie seiner Rolle zu entfliehen. Auch Joey Wong, das Objekt seiner Begierde, kommt nie über den Zustand charakterlicher Rohmasse hinaus.
Für einen Actionfilm aus Hongkong mag das untypische Ambiente des Haupthandlungsortes London reizvoll erscheinen, für den Plot bleibt er jedoch ohne Belang. Nach schleppendem Vorlauf öffnet sich das Thriller-Drama erst im Schlussdrittel den Gepflogenheiten des Genres. Was folgt ist zelebriertes Scheibenschießen mit hohem Gewaltanteil und Blutverlust. Großes Kaliber und rasante Schwertduelle blenden die inhaltliche Unausgewogenheit dankbar aus. Am Ende erhält der instrumentalisierte Killer seine Freiheit wieder. Doch der Preis des finalen Wiedersehens mit Emu ist hoch. In dieser Hinsicht weicht „Killer´s Romance“ am deutlichsten von der Comicvorlage ab – und steht zumindest am starken Ausklang auf eigenen Füßen.
Wertung: (6 / 10)