Dass der deutsche Film hin und wieder auch einmal auf Experimente setzt, beweist der Film „Keine Lieder über Liebe“, der nicht nur wegen seiner musikalischen Begleiterscheinung durch die Hansen Band für positive Schlagzeilen sorgte. Nicht nur, dass ein Drehbuch so gut wie nicht existierte und der Film vornehmlich auf den Improvisationskünsten der Darsteller Jürgen Vogel, Heike Makatsch und Florian Lukas basiert, auch der Soundtrack stieß auf zahlreiche Ohren, waren doch u.a. Thees Uhlmann von Tomte oder Marcus Wiebusch von Kettcar mit am Start und spielten sich im Film quasi selbst.
Tobias Hansen (Florian Lukas) ist ein junger Mann, der mit seiner Freundin Ellen (Heike Makatsch) in Berlin lebt. Sein Bruder Markus (Jürgen Vogel) ist Rockmusiker, den Tobias seit seinem letzten Besuch in Hamburg vor über einem Jahr nicht mehr gesehen hat. Damals, als er mit Ellen erstmals bei seinem Bruder war. Ohne jemals darüber gesprochen zu haben, plagt Tobias dieses Ungewisse, ob da zwischen seinem Bruder und seiner Freundin etwas gewesen sein könnte. Tobias möchte auf der anstehenden Tour seines Bruders einen Film über ihn drehen, quasi eine Dokumentation. Dieser ist zu Beginn nicht sonderlich davon angetan, willigt aber schließlich doch ein. Die Tour beginnt und bis Ellen zum Tourtross hinzustößt, geht auch alles gut. Doch im weiteren Verlauf sieht sich Tobias in seinen Vorahnungen mehr und mehr bestätigt. Eine Aussprache zwischen den drei Personen lässt sich nicht mehr vermeiden.
Fernab üblicher Mainstream-Konventionen inszenierte Lars Kraume („Tatort“) einen Semi-Dokumentarfilm über das Leben einer Rockband auf Tour, zugleich aber auch das gefühlsmäßige Chaos zwischen seinen drei Hauptdarstellern. Einen roten Faden gab es während der Dreharbeiten nicht, kein Drehbuch, keine Dialoge. Alles sollte so authentisch wie möglich werden, so dass man als Zuschauer häufig wirklich den Eindruck hat, es hier mit einem Dokumentarfilm zu tun zu haben. Dies geschieht zwangsläufig durch den Bandalltag, wo an anderer Stelle aber Schauspieler als Musiker herhalten müssen, so holte man sich hier namhaftes Personal von Label „Grand Hotel Van Cleef“ in Form von Mitgliedern der Bands Tomte sowie Kettcar an Bord. Beide dürften angesichts der Erfolge ihrer letzten Alben keine Unbekannten der deutschen Rockmusik mehr sein. So werden auf Tour auch immer die Clubs gezeigt, in denen die Band gastiert, lange Fahrten im Bus oder aber das Backstage-Leben an sich.
Auf der anderen Seite stellt „Keine Lieder über Liebe“ aber auch Liebe, Freundschaft und Gefühle dar, ob nun ehrliche oder verletzte. Dabei kommen dem Film vor allem die drei Hauptdarsteller zu Gute, bei der vor allem Jürgen Vogel („Nackt“) als Frontmann der Band und Bruder von Florian Lukas („Absolute Giganten“) hervorsticht. Dieser ist nicht nur Musiker, sondern auf der anderen Seite muss er seine Gefühle vor seinem Bruder verbergen, der mit seiner ruhigeren Art den Gegenpol zum lauteren wie äußerlich härteren Musiker gibt. Heike Makatsch („Männerpension“) hat ihre Girlie-Zeit lange hinter sich gebracht, sie beweist wieder einmal, warum man sie als ernsthafte Schauspielerin respektieren sollte. Wahrheit oder wie wir diese empfinden, steht bei „Keine Lieder über Liebe“ im Vordergrund. Das ganze in dieser Form zu verpacken, ist sicherlich dann auch der größte Pluspunkt des Films. Er wirkt authentisch, angefangen beim musikalischen Hintergrund, den Menschen, den Orten bis hin zu den ehrlichen Problemen seiner Protagonisten und wie diese damit umgehen. Ein schöner Film mit schönem Soundtrack, was auf gefühlsmäßiger Ebene übrig bleibt ist meist Chaos. Wie im richtigen Leben.
Wertung: (7 / 10)