Kaput Krauts – Straße Kreuzung Hochhaus Antenne (2012, Twisted Chords/Broken Silence)

Kann eine Band ein ewiger Geheimtipp bleiben? Bezogen auf die KAPUT KRAUTS ist der Schluss beim Blick auf das Verhältnis zwischen Qualität und Aufmerksamkeit mindestens zulässig. Genährt wird er auch durch „Straße Kreuzung Hochhaus Antenne“, das 2012 vorgelegte zweite Album der Band aus Berlin und dem Ruhrpott. Denn die Unberechenbarkeit ihrer Interpretation des modernen Deutsch-Punks führt auch diesmal dazu, dass man sich praktisch nicht an der Platte satthören kann. Gegenüber dem Vorgänger, „Quo Vadis, Arschloch?“ (2009), bleiben trotzdem durchaus markante Unterschiede auszumachen. So wirkt der Gesang etwa eine Spur präsenter. Hinzu kommt eine stärkere Auslotung der experimentellen Nuancen. Auch sie begünstigt eine zunehmende Sperrigkeit, die das Aufkommen sofort zündender Hits weiter drosselt.

Die lässt sich gleich beim reduzierten Auftakt, „Das alte Rein-Raus-Spiel“, erleben, der allein mit Stromgitarre und angepisstem Gesang auskommt – und textlich umreißt, was in der Folge zu erwarten ist. Und was nicht. An einprägsamen Songs besteht trotzdem kein Mangel. Das zeigt etwa das so kurze wie rockige „So lala“. Oder das vorwärtspreschende, auf krawallige Gefälligkeit geeichte „Communications for Men“. Dem stehen Tracks wie das zart an Marlene Dietrich angelehnte „Auf Verfahren eingestellt“, „Kriegchen“, das mit spacigem Gepiepse unterlegte „Irre Anstalten“ oder das mit Percussions veredelte „Abrissparty“ in nichts nach. Dass sich die Scheibe dabei vermehrt offensiv rockig gibt, belegt u. a. das großartige „Frag nicht nach den Fragmenten“. Dabei sparen die KAPUT KRAUTS nie an Dynamik und Bewegung. Punk ist eben am besten, wenn ständig was los ist.

Auf „Straße Kreuzung Hochhaus Antenne“ wird das erneut durch zahlreiche, innerhalb der einzelnen Songs vollzogenen Tempo- und Tonalitätswechseln begünstigt (als veranschaulichendes Referenzbeispiel mag „Das kompromisstische Manifest“ dienen). Dass dabei auch wieder die experimentell post-punkige Ader gepflegt wird, verdeutlicht „Das mag alles stimmen, ich glaube es nicht“. In den bisweilen zwar vagen, dafür aber wieder zur näheren Beschäftigung einladenden Texten geht am Rande zudem die Einbindung ikonischer Literatur-/Kinohelden in die nächste Runde, wenn das finale „So einer wie Sherlock Holmes“ an den Schluss-Track des Vorgängers anschließt. Mehr noch bringen es die KAPUT KRAUTS gemäß Tolkien auch beim starken „Ergebniskosmetik“ auf den Punkt: „Jetzt schmeiß doch endlich den scheiß Ring ins Feuer“.  Aber echt, Frodo! Sonst winkt, Geheimtipp hin oder her, die Mittelfingerantenne.

Wertung: 8 out of 10 stars (8 / 10)

scroll to top