Warum in die Ferne schweifen? Das Gute liegt doch manchmal so nah. Wie KADDISFLY, die sich an der sonnigen Brandung einer schäumenden See ebenso häuslich zur Ruhe betten, wie beim ersten Schneefall eines nahenden Winters. Die Songs ihres Albums „Set Sail the Prairie“ tragen dem entsprechend nur kurze Nomen als Namen. „Campfire“, „Birds“, „Snowflakes“, eben all das, was sich so mit (gefühlten) Reisen in Verbindung bringen lässt. Zwölf Stücke, eines für jeden Monat, führen durch dies schwelgerisches Fernweh, dessen Tagebuch im Booklet abgedruckt ist.
Die Stimmungsbild ist je nach Gemütslage poppig oder rockig. Meist in kurz aufeinander folgenden Passagen. Die Stimme schwingt sich in Euphorie hoch, wie die Vögel des einen Titels, rieselt aber auf melancholischen Reflexionen, wie die Schneeflocken eines anderen, wieder zu Boden. „Set Sail the Prairie“ ist eine schöne Platte, die zwischen den Jahreszeiten Gefühle kreiert und sich trotz akuter Rastlosigkeit gern mal gelassen zurücklehnt und die Umgebung ins Auge fasst. Das führt mitunter dazu, dass die tief im Hardcore verschlungenen Wurzeln der Band zum Vorschein kommen.
Das Gespür für feine Melodien und mitreißende Strukturwechsel machen den Unterschied. Trotz spürbarem Schliff bleiben genug Kanten, an denen sich der Hörer stoßen kann. Das lässt immer neue Facetten in den Vordergrund treten und trägt Sorge, dass sich die Musik auch nachhaltig vom bestehenden Anspruch säugt. KADDISFLY sind um Vielschichtigkeit bemüht, ohne unter der Bürde kopflastiger Komplexität zu ächzen. Entspannt eben, ohne auf einrostende Emo-Klischees zu setzen. Das haben die Jungs Bands wie SPITALFIELD voraus. Und genau das ist es, was sie mehr als nur den kommenden Jahreswechsel überdauern lassen wird.
Wertung: (7,5 / 10)