Jesus Rolls (USA 2019)

Ein Sequel zur Kult-Komödie „The Big Lebowski“ (1998) erscheint noch immer wie ein ferner Traum. Dass er bislang scheiterte, liegt vorrangig daran, dass die Gebrüder Coen, Urheber des noiresken Geniestreichs, keine Fortsetzungen ihrer Werke drehen. Zumindest bis dato. Als kleines Trostpflaster mag das späte Spin-Off „Jesus Rolls“ dienen, mit dem Autor, Regisseur und Indie-Choryphäe John Turturro („Barton Fink“) eine der prägnantesten Nebenfiguren des Lebowski-Kosmos zurückbringt.

Die Rede ist von Jesus Quintana, jenem von Turturro brillant übersteigerten Latino-Bowler, der seine Zunge gern zärtlich über die Kugel tupft. Mit schrägem Aufzug, eleganter Tanzeinlage und markantem Akzent sorgte er für denkwürdige Szenen. Kein Wunder also, dass Turturro seinem Parade-Randcharakter einen eigenen Film spendiert hat. Den daran geknüpften Gefahren dürfte sich der Auteur gewahr gewesen sein. Denn mit Ausnahme dosierter Bezüge zum Ursprung – allen voran die unvergessliche Zeile „Nobody fucks with the Jesus“ – schafft Turturro ein vom Vorreiter weitgehend losgelöstes Stimmungsbild.

Mehr noch basiert die Geschichte auf Bertrand Bliers Roman „Les Valseuses“, den er 1974 selbst fürs Kino adaptierte (deutscher Titel: „Die Ausgebufften“). Gerade vor diesem Hintergrund erscheint die filmische Wiederauferstehung des Jesus Quintana wie ein Irrlicht. Fraglos beschert die Hauptfigur Turturros bewusst klein dimensioniertem Werk gesteigerte Aufmerksamkeit. Der Effekt verpufft jedoch, da die Erwartungen der Lebowski-Jünger unmöglich erfüllt werden können. Der groteske Genre-Mix weicht einer Dramödie, die von der Ablehnung gesellschaftlicher Normen erzählt – und sexueller Freizügigkeit.

Im Mittelpunkt stehen der frisch aus dem Gefängnis entlassene Quintana (der Hintergrund des Exhibitionismus vor Minderjährigen wird dabei relativierend aufgegriffen) und sein Freund Petey (Bobby Canavale, „The Irishman“). Die beiden wandeln ohne klares Ziel durchs Leben, fahren in geklauten Autos umher und verstricken sich in eine Fehde mit dem blasierten Haar-Stylisten Paul Dominique (Jon Hamm, „Mad Men“). Mit dem Auskommen, dass sie mit seiner französischen Assistentin Marie (Audrey Tautou, „Coco Chanel“) vor der Polizei fliehen. Daraus resultiert eine offene Dreierbeziehung, die Quintanas Macho-Kern durch Maries ausbleibende Befriedigung einen herben Dämpfer beschert.

Auf dieser freigeistigen Basis bugsiert Turturro seinen Film vorwärts. Nebendarstellende wie Christopher Walken („7 Psychos“), Sonia Braga („Kuss der Spinnenfrau“), Michael Badalucco („O Brother, Where Art Thou?“) oder Tim Blake Nelson („The Ballad of Buster Scruggs“) helfen, das Interesse aufrecht zu halten. Als echter Höhepunkt entpuppt sich jedoch einzig der Auftritt von Susan Sarandon („Thelma & Louise“) als Ex-Inhaftierte Jean. Durch sie – und auch ihren Sohn Jack (Pete Davidson, „The Dirt“) – offenbart sich, dass bei Quintana und Petey selbst gute Absichten beständig fehlschlagen. So bleibt am Ende alles, wie es war. Konsequent ziellos und irgendwie gestrandet. Für „Jesus Rolls“ ganz nebenbei ein passendes Fazit.  

Wertung: 5 out of 10 stars (5 / 10)       

scroll to top