Neben dem Wohlwollen der Fans strebte Jean-Claude Van Damme auch den Zuspruch der Kritiker an. Besonders deutlich wurde dies Mitte der Neunziger, als er mit „The Quest“ sein Regiedebüt feierte und sich in Interviews quasi-missverstanden mit klassischen Komponisten und meisterhaften Filmemachern verglich. Gegenwärtig fristet der gesunkene Stern des Action-Kinos ein Dasein im Segment stumpfer DVD-Produktionen und prügelt sich wahlweise durch Kanada oder den Osten Europas. Dass ihn gerade in dieser Phase Lobeshymnen aus allen Lagern ereilen, mag überraschen, ja geradeheraus verblüffen.
Doch der auch im fortschreitenden Alter außerordentlich agile Belgier, dessen Karriere durch einen Spagat zwischen zwei Stühlen an Fahrt aufnahm, offenbart ungeahnte Selbstironie. In Mabrouk El Mechris Kleinkunst-Groteske „JCVD“ spielt sich der Haudrauf-Mime einfach selbst – und lässt entgegen aller Erwartungen die Klasse eines Charakterdarstellers durchscheinen. In der launigen Melange aus Bio-Pic und Real-Satire manifestiert sich das traurige Bildnis eines gescheiterten Mannes. Van Damme spielt zwar Van Damme, doch bleibt sein filmisches Alter Ego die Projektionsfläche für einen hintersinnigen Rundumschlag.
In den USA geriet ein Sorgerechtsverfahren zum Fiasko. Zurück in Belgien wird Van Damme, verzweifelt, pleite und ohne Jobangebote, in einen Überfall mit Geiselnahme verstrickt. Für die Polizei, anfangs auch den Zuschauer, scheint der populäre Hollywood-Akteur der Täter zu sein. Neben der Staatsgewalt, deren Einsatzleiter bekennender Bewunderer des Schauspielers ist, ziehen rasch schaulustige Massen auf. Während das Drama zum Medienspektakel hochkocht, müht sich der gebeutelte Pechvogel angstvoll um das Wohl der übrigen Geiseln und vertreibt die Zeit mit akrobatischen Kunststückchen.
Leicht hätte El Mechris Film zur überdrehten Farce werden können. Doch der Regisseur und Co-Autor verfolgt eine tempoarme, im Kern ernste und betont kunstvolle Vision. Bissige Seitenhiebe, scharf geschossen wird unter anderem in Richtung Steven Seagal und John Woo, inklusive. Abgerechnet wird aber nicht nur mit vergänglichem Starruhm: Ungeniert gewährt Van Damme Blicke auf den Menschen hinter der glamourösen Fassade und holt in einem improvisiert wirkenden Monolog zum grandiosen Seelenstriptease aus. Dank dieser Überzeugungskraft und dem Wagemut seines Hauptdarstellers wird „JCVD“ zum Triumphzug eines gescholtenen Karate-Kaspers. Und das ringt nicht nur Fans Respekt ab.
Wertung: (7 / 10)