Scheuklappen gehörten noch nie zur Grundausstattung von JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE. Das Death-Metal-Geschwader vom Niederrhein hat seit seiner Geburtsstunde in den ausklingenden Neunzehnneunzigern an einem eigentümlichen Klangerlebnis gefeilt, das durch Grindcore-Anleihen und kritische, oft scheinbar zusammenhanglose Texte mit „linksgrünversiffter“ Gesinnung mächtig Eindruck schindet. Langspieler Nummer neun, mit „Verk Ferever“ überschrieben, führt die Entwicklung der Band nicht allein unbeirrt fort, sondern transferiert sie auch in Sphären, in denen gängige Schubladensondierungen nachhaltig ihre Berechtigung verlieren.
Die mit 14 regulären Nummern und einem absonderlichen Bonustrack bestückte Platte lässt nun auch das letzte Stück Bodenhaftung hinter sich und entpuppt sich als eigenwilliger, (fast) jeder Erwartung trotzender Extrem-Klang-Cocktail. Natürlich verabschiedet sich das Sextett nicht von der angestammt scheppernden Prämisse, beschert dieser durch den momentweisen Überhang elektronischer Dreingaben oder den punktierten Einsatz von Blechbläsern und Percussions aber sympathisch experimentellen Drive. Die Länge der einzelnen Songs, darunter allein drei in rein instrumentalem Gewand, variiert dabei von 30 Sekunden bis neun Minuten. Struktureller Überschaubarkeit wird so eine deutliche Absage erteilt.
Titel des Kalibers „Sozialisationsschaden“, „Hedonistic Pflichtgefühl“, „Unangeschnallt den Bullen reingefahren“ oder „Kapitalismuswohlstandsfortschritt“ zeigen, egal ob mit Text oder ohne belassen, bereits auf den ersten Blick, dass JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE nichts von ihrem Biss eingebüßt haben. Zu entdecken gibt es im Abseits verhältnismäßig geradliniger Beiträge wie „Kaputt“ (einer der unbedingten Anspieltipps!) eine Menge, etwa die im Mittelteil frickelig-groovige Extravaganz „Keinen Bock mehr“. Die erwähnten Bläser werden gern dissonant eingesetzt, was als improvisiert anmutende jazzige Dreingabe beim ausschweifenden Titeltrack die Wirkung von über eine Schultafel kratzenden Fingernägeln entfaltet. Kurzum: Mit „Verk Ferever“ legen JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE ihr Meisterstück ab. Was danach kommen soll? Lassen wir uns überraschen!
Wertung: (8,5 / 10)