„Folter und gezieltes Töten können durchaus hilfreich sein im Kampf gegen Unrechtsregime. Und Karikaturen des Propheten helfen sicher super bei der Integration humorloser Muslime.“ – ‚Folter und gezieltes Töten‘
Die Welt ist aus den Fugen geraten. Umweltzerstörung hier, Bombenhagel dort, dazu Trump, IS-Terror und kollektiv-europäischer Rechtsruck. Um im grassierenden Wahnsinn nicht den Überblick zu verlieren, haben JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE ein neues Album aufgenommen. Quasi den Soundtrack zum diffusen Befindlichkeitsgeflecht der Gegenwart. Zählt man all die eigenproduzierten Outputs ihrer Gründerzeit mit, ist „The Golden Anthropocene“ ihre (wahrscheinlich) 324. Scheibe. Auf der zeigt die Krefelder Grindcore-Institution einmal mehr den Willen zur Veränderung. Wenn sich gesellschaftlich schon nix bewegen lässt, dann wenigstens musikalisch.
Zunächst allerdings will der englische Titel verdaut werden. Nur findet der keinerlei Entsprechung in den Texten. Puh, gerade noch mal Glück gehabt. Dem unbehaglichen Intro „Verklappt“ folgen mit „Weiss“ und „Planeten planieren“ zwei Stücke, die locker die Marke von vier Minuten sprengen. Das ist nicht neu, wirft mit das Chaos überwindenden, nahezu zugänglichen Metal-Passagen aber die Frage auf, wo denn die kurzen, überfallartigen Brecher bleiben. Doch keine Sorge, auch die sind in ausreichender Zahl vorhanden (u.a. „Antisein“, „Pimmel kneten“ oder „Absolution in spe“). Mit aufgefrischter Version von „Aus dem Mark der Nebenniere“ und CD-Bonustrack („Verpasst“) dauert die 20 Songs umspannende Platte 40 Minuten. Viel Zeit zur epochalen Breite bleibt da grundlegend nicht.
Vielseitig ist „The Golden Anthropocene“ trotzdem. Dafür stehen bereits die beiden Instrumentalstücke „Reiz-Reaktion-Automat“ (mit Percussions) und „Weltorganismus“, bei dem der Hörer buchstäblich mit der Musik in den Ozean abtaucht. Das im Titel aufgegriffene Anthropozän, respektive das Zeitalter umfassender menschlicher Einflussnahme auf das Gleichgewicht des Planeten, findet in „Tag 1 nach den Menschen“ ein jähes Ende. JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE scheuen auch 2016 keine Kontroverse und zeichnen ohne erhobenen Zeigefinger das Bildnis einer entarteten Welt. Unterstützung leistet neben Junge von EA80 (bei „Tellerrand“) Christian Markwald (DIAROE), der im Anschluss gleich in die Band integriert wurde. Er ersetzt Markus „Bony“ Hoff, der nach 13 Jahren die Segel streicht. Um den Fortbestand des unbequemen Krachschlägerkonglomerats braucht man sich entsprechend wenig Sorgen zu machen.
Wertung: (7,5 / 10)