„In my business you prepare for the unexpected.“ – Immer vorbereitet: Bond
Rache ist je nach Standpunkt süß, Mettwurst oder ein idealerweise kalt serviertes Gericht. Dass der mal schelmisch, meist aber besonnen agierende MI6-Vorzeigespion James Bond schnöden Rachegelüsten frönen könnte, schien bis zur 16. Mission, „Lizenz zum Töten“, kaum vorstellbar. Aber gerade diese Ambivalenz macht den von John Glen beinahe schnörkellos inszenierten Agenten-Actioner zum besten Bond der Achtziger – und einem der wenigen Kapitel der Endlos-Erfolgsgeschichte überhaupt, in dem keinem bestimmten Automodell dynamische Werbefläche geboten wird.
Grund für die persönliche Vendetta ist ein Angriff auf Bonds langjährigen Gefährten und Freund Felix Leiter (spielte die Rolle bereits in „Leben und sterben lassen“: David Hedison). Der amerikanische Geheimdienstler nimmt auf dem Weg zur eigenen Hochzeit einen Umweg in Kauf, um den brutalen Drogenboss Franz Sanchez (Robert Davi, „Stirb langsam“) mit Bonds tatkräftiger Unterstützung festzunehmen. Doch der Schurke entzieht sich mit Hilfe korrupter Beamter der Inhaftierung und lässt Leiters frisch angetraute Frau töten, während dieser zu einem weißen Hai ins Wasser steigen muss. Doch er überlebt schwer verletzt. Das schreit nach Rache!
Und so sieht Bond rot, muss dem Vorgesetzten M (als Nachfolger Bernard Lees zum letzten Mal von der Partie: Robert Brown) aber Dienstwaffe und (metaphorisch) Lizenz zum Töten aushändigen. Ohne Unterstützung vom MI6 macht er sich auf eigene Faust daran, Sanchez aufzuspüren und ihm ein für allemal das Handwerk zu legen. Die Sympathie Moneypennys (für sie bedeutete der zweite Auftritt der Abschied: Caroline Bliss) ist ihm natürlich gewiss und auch Waffenkonstrukteur Q (Desmond Llewelyn) steht mit allerhand nützlicher Gadgets im Gepäck Spalier. Schlagkräftige Unterstützung findet 007 aber vor allem in der Army-Pilotin Pam Bouvier (sehenswert: Carey Lowell, „Law & Order“), einer Gefährtin Leiters.
Mit ihr stellt er Sanchez nach und infiltriert letztlich dessen Organisation. Zu der zählt auch der junge Benicio Del Toro („Traffic“), der sich im Kampf mit Bond buchstäblich zerreißen darf. Überhaupt ist Glens fünfter Regiebeitrag zur Serie in Sachen Gewalt deutlich weniger zimperlich, als die meisten Vorgänger (und Nachfolger). Dafür steht auch Davis Schurke Sanchez, der sich nicht als übergeschnappter Weltenherrscher hervortut, sondern schlicht den Markt für Drogen kontrollieren will. Dafür nutzt er eine Religionsgemeinschaft, mit deren Hilfe er Drogengelder wäscht und Rauschmittel zwecks ungehinderten Transports in Benzin auflöst.
Bei aller Zurückhaltung der Geschichte, in Sachen Action wird nicht allein beim explosiven Showdown mit Trucks in der Wüste aus dem Vollen geschöpft. Durch die Bank reißt „Lizenz zum Töten“, der erste nicht auf einer Vorlage Ian Flemings basierende Teil der Serie, nicht vom Hocker, dafür ist beispielsweise die Kneipenschlägerei zu klischeehaft geraten und das Schicksal von Sanchez Geliebter Lupe Lamora (Talisa Soto, „Mambo Kings“) zu vorhersehbar abgehandelt. Kleinerer Schwächen zum Trotz hinterlässt Daltons vorzeitiger Abschied, übrigens der letzte Film, bei dem der 1991 verstorbene Maurice Binder die berühmten Vorspann-Designs entwickelte, aber ausreichend Wirkung. Es muss ja nicht immer das bewährte Schema maßloser Übertreibung bedient werden.
Wertung: (7 / 10)